Wirtschaftskrise
Unterm Plastikdach: Zelt-Städte schießen aus dem US-Boden
Camping nicht als Urlaub sondern Alltag in der Not: In den USA zwingt die Wirtschafts-Krise immer mehr Menschen zum Wohnen in Zelten. Ohne Strom und Toiletten.

Bunte Zelte glänzen in strahlender kalifornischer Sonne auf einer Wiese am Ufer des American River. Doch von Camping-Idylle am Stadtrand Sacramentos, der Hauptstadt Kaliforniens, keine Spur.
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Dies ist kein Urlaubsvergnügen, sondern harte Lebensrealität für eine wachsende Zahl von Arbeits- und Obdachlosen. "Tent City" ist seit Wochen und Monaten das ärmliche Zu Hause für mehr als 250 Menschen.
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In der Zeltstadt gibt es weder Wasser und Strom, noch Duschen und Toiletten, die Notdurft wird in Büschen und am Flussufer verrichtet. Der Wind fegt Müll durch das Lager, das von Bahngleisen und Stromleitungen durchkreuzt wird.
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"Ich bin nur vorübergehend hier, ich war noch nie obdachlos", versichert der 47 Jahre alte Burt Britton. Es klingt fast wie eine Entschuldigung. Seit einem Monat teilt er sich mit seiner Freundin und wenigen Habseligkeiten ein Zwei-Mann-Zelt.
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Zuvor betrieb das Paar eine Unterkunft für Strafentlassene, doch als der Staat wegen der Budgetkrise die Zuschüsse strich, war Britton plötzlich den Job und das Mietshaus los.
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"Jeden Tag hier zu überleben, das ist das Härteste, was ich je durchgemacht habe", meint die 38-jährige Renee Hadley. "Aber das hier sind meine Freunde und mein Zu Hause". Die Frau zeigt auf ihre "Nachbarschaft" mit einem Dutzend Zelten und einer Feuerstelle als Ersatz für den Herd.
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Die Sozialhilfeempfängerin lebt mit ihren beiden Katzen seit über einem Jahr in "Tent City". Vom Freund misshandelt hatte sie die gemeinsame Wohnung in Seattle verlassen, erzählt Hadley.
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Dutzende Zeltstädte wachsen in allen Teilen der USA aus dem Boden. Waren Notbehausungen früher Metropolen wie New York und Los Angeles vorbehalten, so trifft es nun auch kleinere Städte wie Fresno, Nashville und Olympia.
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Als "heutige Hoovervilles" werden sie mit den ärmlichen Notunterkünften während der großen Depression der 1930er Jahre verglichen, die nach dem damaligen US-Präsidenten Herbert Hoover benannt wurden.
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Die US-Medien haben Sacramentos "Tent City" längst zum Symbol der neuen Armut erkoren. Mit Ü-Wagen und Fernsehkameras wurde die "Slum"-Story am Rande der Hauptstadt des reichsten US-Bundesstaates, wo Arnold Schwarzenegger regiert, in alle Welt verbreitet.
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Gemeinsam mit dem Bürgermeister von Sacramento ging Gouverneur Schwarzenegger Ende März in die Offensive. Bis Ende April soll die Zeltstadt geräumt und ihre Bewohner in Heimen und anderen Notunterkünften untergebracht werden.
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Keine Lösung, schimpft Hadley. Sie sei doch schon obdachlos, und nun verliere sie auch noch ihr Zelt. Viele wollen nicht ins Heim, denn dort werden Paare getrennt und Haustiere nicht hineingelassen.
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Die Obdachlosenasyle sind schon hoffnungslos überfüllt. Viele von ihnen weisen jeden Abend Hunderte Menschen ab", meint die Sozialarbeiterin Joan Burke. Seit mehr als 20 Jahren leitet sie das mit Privatspenden finanzierte Hilfsprogramm "Loaves and Fishes".
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Für die Bewohner von "Tent City" und andere Obdachlose gibt es hier Duschen, Job-Beratung, ärztliche Hilfe und vor allem Essen.
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Täglich teilen Dutzende Helfer kostenlos 650 Mahlzeiten aus. In Sacramento mit knapp einer halben Million Einwohner leben über 2.500 Menschen auf der Straße.
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Als Übergangslösung macht sich Burke für staatliche Obdachlosen-Zeltplätze stark, mit Toiletten und Duschen. Wenige Wochen vor der geplanten Räumung von "Tent City" fragt sich Renee Hadley, wo sie als nächstes ihr Zelt aufschlagen wird.
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