Mord an Kreml-Kritiker: Zwei Verdächtige festgenommen

  • Drucken

Der Oppositionspolitiker Boris Nemzow wurde vor einer Woche erschossen. Die Behörden gehen von einem politisch motivierten Auftragsmord aus.

Eine Woche nach der Ermordung des Kremlkritikers Boris Nemzow hat die russische Polizei zwei Verdächtige festgenommen. Es handle sich um zwei Männer aus dem Kaukasus, teilte der Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB, Alexander Bortnikow, am Samstag in Moskau mit. Es gebe gute Hinweise, dass die Männer direkt in die Tat verwickelt gewesen seien, berichtete die Agentur Interfax unter Berufung auf Ermittlerkreise. Der 55-jährige Oppositionspolitiker Nemzow war am 27. Februar auf einer Brücke in Sichtweite der Kremlmauer von einem Unbekannten hinterrücks erschossen worden. Nemzows 23-jährige Begleiterin Anna Durizkaja blieb unverletzt. Die Hauptzeugin, eine Ukrainerin, durfte Russland nach intensiver Befragung der Ermittler verlassen. Am Dienstag wurde Nemzow auf einem Moskauer Friedhof beerdigt.

Die Namen der Verdächtigen seien Saur D. und Ansor G., sagte Bortnikow. Weitere Details nannte er nicht. Präsident Wladimir Putin sei informiert worden. "Die operativen und notwendigen Ermittlungen dauern an", sagte der FSB-Chef.

Fluchtauto schnell gefunden

Aus Ermittlerkreisen verlautete, das mutmaßlich bei der Tat genutzte Fluchtauto sei relativ schnell gefunden worden. Spuren in dem Fahrzeug hätten bei der Suche nach den Verdächtigen geholfen. Zudem hätten die Ermittler aus dem Bildmaterial der Überwachungskameras in der Nähe des Tatorts scharfe Fotos filtern können.

Dennoch sei es zu früh, von einem Durchbruch in dem Mordfall zu sprechen, hieß es. Über eine mögliche Untersuchungshaft solle an diesem Sonntag oder in dieser Woche entschieden werden.

Wegbegleiter Nemzows reagierten zurückhaltend. "Wir hoffen, dass Menschen festgenommen wurden, die tatsächlich etwas mit dem Mord zu tun haben, dass dies kein Fehler ist, sondern das Ergebnis einer guten und qualitativen Arbeit der Sicherheitsorgane", sagte der Oppositionspolitiker Ilja Jaschin. Sollte der Schütze unter den Verdächtigen sein, müssten aber auch die Hintermänner gefunden werden, forderte er.

Kritiker vermuten Hintermänner im Kreml-Umfeld

Die russischen Behörden gehen von einem politisch motivierten Auftragsmord aus und verfolgen unterschiedliche Spuren, unter anderem mit nationalistischem oder islamistischem Hintergrund. Kritiker vermuten die Verantwortlichen indes im Umfeld des Kremls. Nemzow war einer der wichtigsten Anführer der russischen Opposition und ein entschiedener Gegner von Präsident Putin.

Nemzow veröffentlichte mehrere Berichte, die die nach seiner Auffassung herrschenden Missstände unter Putin aufdecken sollten. Nach Informationen aus seinem Umfeld arbeitete Nemzow bis kurz vor seinem Tod an einem Bericht über die Rolle Russlands im Ukraine-Konflikt.

Der Mord reiht sich ein in eine Vielzahl ähnlicher Taten, denen in den vergangenen Jahren Oppositionelle wie die Menschenrechtsaktivistin Natalja Estemirowa oder die Journalistin Anna Politkowskaja zum Opfer fielen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Fall Nemzow: War es doch ein Politauftragsmord?

Die Ermittlungsergebnisse im Fall des ermordeten Oppositionsführers Boris Nemzow lösen sich in Luft auf.
Der Hauptverdächtige Saur Dadajew.
Außenpolitik

Nemzow-Mord: Hauptverdächtiger offenbar gefoltert

"Es gibt Grund zu der Annahme, dass Dadajew unter Folter gestanden hat", sagt ein Mitglied der russischen Menschenrechtskommission.
Zaur Dadayev, charged over the killing of Russian opposition figure Boris Nemtsov, stands inside a defendants´ cage at a court building in Moscow
Außenpolitik

Wer befahl die Ermordung Nemzows?

Die fünf Verdächtigen im Mordfall Nemzow kommen aus dem Dunstkreis des Tschetschenenführers Kadyrow. Nemzows Freunde glauben, dass der Kreml falsche Fährten legt.
Ilja Jaschin (links im Vordergrund) glaub nicht, dass Nemzow aus islamistischen Motiven ermordet worden ist. Rechts vorne im Bild: Russlands Ex-Premierminister Mikhail Kasjanow.
Außenpolitik

Nemzow-Mord: "Islamistische Motive unsinnig"

Wegbegleiter des ermordeten russischen Oppositionspolitikers Boris Nemzow sehen in den aktuellen Festnahmen ein Ablenkungsmanöver des Kremls.
Außenpolitik

Fall Nemzow: Tschetschene gestand laut Richterin Beteiligung an Mord

Die Behörden nahmen am Wochenende fünf Männer mit Verbindungen in den Kaukasus fest. Kreml-Kritiker beschuldigen Moskau jedoch eines Auftragsmords.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.