IS zerstört antike Kulturstätten: Irak bittet um Hilfe

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IS-Terroristen haben offenbar begonnen, Ruinen in der alten assyrischen Königsresidenz bei Khorsabad zu sprengen.

Angesichts der Zerstörung antiker Stätten durch die jihadistischen Organisation "Islamischer Staat" (IS) bittet der Irak um internationalen Schutz. "Die internationale Gemeinschaft muss mit den ihr möglichen Mitteln einschreiten", forderte der irakische Minister für Tourismus und Altertümer, Adel Fahad al-Sharshab, am Sonntag.

Konkret forderte er Luftangriffe der US-geführten Koalition gegen den IS zum Schutz der Altertümer. Nach UN-Angaben zerstörten die Jihadisten nun auch die antike Stadt Hatra. Bisher wurden Berichte über die Verwüstung nicht offiziell bestätigt. Zudem sollen die Jihadisten mit der Sprengung einer weiteren Kulturstätte begonnen.

IS-Kämpfer hätten damit begonnen, Ruinen in der alten assyrischen Königsresidenz bei Khorsabad in der Provinz Ninive zu sprengen, sagte ein Mitarbeiter der Altertumsbehörde von Ninive der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. Khorsabad liegt knapp zwölf Kilometer nördlich der IS-Hochburg Mossul. Die Ortschaft beherbergt Überreste der um 700 vor Christus gebauten assyrischen Feste Dur Sharrukin, die Aufschlüsse über das Leben der altorientalischen Kultur der Assyrer liefert. Nach Angaben der Altertumsbehörde hätten die IS-Kämpfer Teile der Ruinen gesprengt und weitere Kulturgüter aus Dur Sharrukin geplündert. Dur Sharrukin ist bereits die dritte Stätte im Nordirak, die den Jihadisten zum Opfer fällt.

"Ich fordere von der internationalen Gemeinschaft und der internationalen Koalition Luftangriffe gegen den Terrorismus, wo immer dieser auftaucht", sagte Sharshab. Die IS-Angriffe auf die historischen Stätten ereigneten sich in Gegenden der nordirakischen Provinz Ninive, wo die Armee keine Sicherheitskräfte im Einsatz hat. Luftangriffe der internationalen Koalition zum Schutz historischer Stätten würden allerdings eine Abkehr von der bisherigen Strategie bedeuten, die darin besteht, den IS militärisch zu schwächen.

Nachdem IS-Kämpfer zuletzt Kulturschätze in Mossul sowie Überreste der antiken Stadt Nimrud zerstört hatten, wurde nach UN-Angaben nun auch Hatra zerstört, eine antike Stadt rund hundert Kilometer südwestlich der IS-Hochburg Mossul. Wann genau die historische Stätte verwüstet wurde, blieb unklar. Die UN-Kulturorganisation UNESCO bezog sich in ihrer Erklärung auf "offizielle Quellen".

Die dicken Festungsmauern und die großen Gebäude der Stadt Hatra hatten bereits zwei römische Invasionen im zweiten Jahrhundert überstanden. Das irakische Ministerium für Tourismus erklärte, die Informationen über die Zerstörung bisher nicht bestätigen zu können, da das Gebiet in IS-Hand sei.

Unterdessen stieß die irakische Armee auf Widerstand des IS bei der Tikrit-Offensive. US-Generalstabschef Martin Dempsey zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass die Offensive bald zum Erfolg führt. Diese sei nur durch die Luftangriffe der Koalition rund um Baiji nördlich von Tikrit möglich geworden, sagte Dempsey vor einem Besuch im Irak. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis der IS in Tikrit besiegt werde.

Zuletzt sei am Sonntag aber das Zentrum des Ortes Al-Dur in unmittelbarer Nähe von Tikrit eingenommen, teilten Kommandanten mit. Tikrit ist die Heimatstadt des früheren Machthabers Saddam Hussein. Die Rückeroberung der Stadt ist ein wichtiges Etappenziel in der bisher größten Offensive gegen den IS.

Bei den Kämpfen in der westlichen Provinz Al-Anbar flog die Koalition zudem nach US-Armeeangaben in den vergangenen zwei Wochen 26 Luftangriffe. Dadurch sei es ermöglicht worden, die IS-Jihadisten aus Al-Bagdadi zu vertreiben. Die Stadt liegt nahe der Luftwaffenbasis Al-Assad, wo US-Truppen irakische Sicherheitskräfte ausbilden. In Syrien rückte der IS unterdessen auf die strategisch wichtige Stadt Tall Tamer vor, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte.

Unterdessen erklärte sich der Iran zu einer regionalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorismus bereit. "Die Länder der Region müssen sich die Hand geben", sagte Irans Präsident Hassan Rohani laut der Nachrichtenagentur IRNA am Samstag in Teheran. Sicherheit und Stabilität seien nur möglich, "wenn alle Länder der Region eine positive Rolle spielen". Auch Jordanien spricht sich laut IRNA für einen Dialog zwischen der Arabischen Liga und der islamischen Republik aus.

Dempsey erklärte seinerseits, es sei unklar, ob Teheran die gleichen strategischen Ziele verfolge wie die US-geführte Militärkoalition. Denkbar sei lediglich eine "Komplementarität" zum Einsatz der internationalen Koalition. Ansonsten gebe es "ein Problem", betonte Dempsey. Die iranische Exil-Opposition warnte am Samstag bei einem Treffen in Berlin vor "jeglichem Entgegenkommen" gegenüber der iranischen Führung. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen warnte im Deutschlandfunk, dass der Kampf gegen den IS noch lange ein Problem für die Weltgemeinschaft sein wird.

Die Gruppe hatte im vergangenen Jahr große Teile des Iraks und Syriens unter ihre Kontrolle gebracht und will die Regierungen in Bagdad und Damaskus stürzen. Unterdessen kamen im Irak am Wochenende laut Polizei mindestens zwölf Menschen bei mehreren Bombenanschlägen ums Leben.

(APA/dpa)

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