Feindbild Red Bull: Eine neue Dimension der Niveaulosigkeit

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In Karlsruhe stürmten Fans das Leipziger Teamhotel, das Auto von Sportdirektor Rangnick wurde mit Farbbeuteln beworfen. „Wir müssen handeln!“

In sozialen Netzwerken gingen die Wogen Montagabend wieder einmal hoch. Wenn die Themen Red Bull und Fußball aufgegriffen werden, spaltet sich die Fangemeinde in zwei Lager, deren Meinungen konträrer nicht sein könnten. Viele sehen im Engagement des Getränkeherstellers nur die Kommerzialisierung des Sports, es ist von fehlender Tradition die Rede. Red Bull ist vielen Anhängern ein Dorn im Auge.


An Schmähgesänge hat man sich in Salzburg und Leipzig längst gewöhnt, selbst wenn sie mitunter immer noch unangenehm sind. Es ist auch nicht erst einmal vorgekommen, dass RB Leipzig vereinbarte Testspiele nicht bestreiten konnte, weil gegnerische Fangruppen vehement dagegen votierten. Während Salzburg in den Anfangsjahren der Ära Red Bull schon turbulentere Zeiten durchlebt hat, scheint das Feindbild Leipzig nun seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht zu haben.

Am Montag, vor dem Zweitligaspiel beim Karlsruher SC, drangen laut Sportdirektor Ralf Rangnick etwa 20 „völlig wahnsinnige“ Chaoten in das Mannschaftshotel der Leipziger ein und besetzten den Speisesaal. „Gott sei Dank waren die Spieler zu dieser Zeit auf den Zimmern“, berichtete Rangnick, der sich maßlos ärgerte. „Dass irgendwelche Leute ins Hotel eindringen, ist eine Dimension, die einfach nicht geht. Wenn es so weit ist, dass man sich nicht mal mehr dort sicher fühlen kann, dann sind wir weit gekommen.“

Rangnicks Version glich nicht exakt jener der zuständigen Polizeiinspektion Landau, wonach die Personen von den Hotelangestellten am Haupteingang zurückgewiesen werden konnten. „Unter Absingen übelster Lieder und Stinkefingerzeigen haben sie dann das Hotel wieder verlassen“, so Rangnick, der ein hartes Vorgehen gegen die Eindringlinge fordert. „Die Frage ist, ob man sie identifizieren kann, und dann gehen die halt mal ins Gefängnis.“


Unabhängig davon, wie sich die Szenerie im Detail abgespielt hatte: Es war nur der Anfang eines höchst unangenehmen Tages für RB Leipzig. Nach dem 0:0, das endgültig sämtliche Aufstiegshoffnungen zunichtemachte, blockierten Randalierer die Abfahrt des Mannschaftsbusses, Rangnicks Limousine wurde bespuckt und mit Farbbeuteln beworfen. Erst eine halbe Stunde vor Mitternacht konnten die Leipziger unter Polizeischutz das Stadion verlassen, nachdem Vertreter des KSC und das Sicherheitspersonal die Rowdys beruhigt hatten. Gegen vier Fans wurden Platzverbote ausgesprochen. KSC-Präsident Ingo Wellenreuther verurteilte die Vorfälle, bemerkte knapp: „Ich weiß nicht, was das soll.“


Ralf Rangnick sieht die Grenze des schlechten Benehmens endgültig erreicht. „Momentan habe ich das Gefühl, dass es manchen nur darum geht, irgendein Feindbild zu haben. In 20 Jahren Profi-Fußball habe ich so etwas noch nie erlebt. Es ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir alle miteinander über entsprechende Maßnahmen nachdenken müssen“, betonte der 56-Jährige, der nicht allein die Exekutive in die Pflicht nimmt. „Vereine, Verbände und der Staat müssen daran arbeiten.“ Ein richtiges Signal wären laut Rangnick personalisierte Eintrittskarten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2015)

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