Syrien: IS-Anführer lassen Aussteiger nicht heimkehren

Exkämpfer wurden bei einem Fluchtversuch erschossen.

Istanbul. Mit viel Erfolg wirbt der Islamische Staat (IS) um Extremisten aus Europa und anderen Weltgegenden. Doch ein Zurück aus dem Irak oder aus Syrien gibt es für die sogenannten „Terror-Touristen aus dem Ausland“ oft nicht: Die Jihadisten des IS lassen sie nicht ohne Weiteres wieder zurück nach Hause kehren. Im nordsyrischen Al-Bab kamen unlängst mindestens neun Menschen bei einem Feuergefecht zwischen rückkehrwilligen IS-Kämpfern und den Wachen der Miliz ums Leben. Denn der Islamische Staat duldet keine Aussteiger.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, in Al-Bab hätten mindestens neun Europäer und ein Tunesier versucht, sich vom IS abzusetzen und in die nahe Türkei zu fliehen; die Grenze verläuft nur 30 Kilometer nördlich der Stadt. Die IS-Dissidenten brachen aus einem Gefängnis der Jihadistenmiliz aus, in dem sie nach einem früheren Fluchtversuch inhaftiert waren.

Die Ausbrecher und die IS-Wachen lieferten sich ein Feuergefecht, bei dem fünf Aussteiger und vier Wachleute getötet wurden. Was aus den anderen IS-Häftlingen wurde, ist nicht bekannt.

Rekruten müssen Pass abgeben

IS-Neuankömmlinge sind laut Presseberichten völlig in der Hand der Miliz und müssen Pässe und Handys abgeben. Wer das ablehnt, wird von seinen Vorgesetzten hart bestraft oder gar hingerichtet. IS-Rückkehrer sprechen von grausamen Strafen für alle, die den Machtbereich der Miliz ohne Erlaubnis verlassen wollen.

Auch der deutsche IS-Kämpfer Benjamin Xu, der nach seiner Rückkehr aus Syrien im vergangenen Jahr in der Türkei verhaftet wurde, berichtete jetzt von mehreren Fluchtversuchen. Er sei zusammen mit seinem Vater zum IS gereist, sagte Xu laut Medienberichten der türkischen Staatsanwaltschaft. Als sein Vater in einem Gefecht getötet wurde, habe er die Gruppe verlassen wollen und sei deshalb inhaftiert worden. Ein zweiter Fluchtversuch zusammen mit einem Schweizer und einem mazedonischen IS-Mitglied sei dann geglückt.

Doch in der Türkei war die Flucht zu Ende. Xu und seine beiden Weggenossen erschossen an einem Kontrollposten in Anatolien drei Menschen. Jetzt drohen ihnen lebenslange Haftstrafen. (güs)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2015)

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