Justiz: Keine Ministerweisung ohne Weisenrat

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Der Justizminister will das von ihm eingesetzte Beratungsgremium für Weisungen in Strafsachen gesetzlich fixieren. Weicht der Minister von Empfehlungen ab, soll er nachträglich „jedenfalls“ das Parlament informieren.

Justizminister Wolfgang Brandstetter will sein Weisungsrecht über die Staatsanwälte behalten, einen von ihm provisorisch eingesetzten Weisenrat für Weisungen aber gesetzlich festschreiben. In einem der „Presse“ vorliegenden Entwurf schlägt der Ressortchef ein Dreiergremium vor, das ihn bei jeder „Weisung zur Sachbehandlung in einem bestimmten Verfahren“ beraten soll. Auch in Verfahren gegen oberste Organe der Vollziehung – zum Beispiel Regierungsmitglieder – soll der Minister den Rat um Rat fragen können, wie auch in Fällen von außergewöhnlichem öffentlichem Interesse oder dann, wenn er es aus Befangenheitsgründen für erforderlich hält.

Mögliche Befangenheitsgründe waren der Anlass, dass Brandstetter nach seinem Amtsantritt Ende 2013 einen Weisenrat eingesetzt hat: Als ehemaliger Verteidiger – zum Beispiel des kasachischen Ex-Botschafters Rachat Alijew oder von Bundeskanzler Werner Faymann – drohte er in Fällen entscheiden zu müssen, in die er in anderer Funktion involviert gewesen war. Also befangen zu sein.

Einmal für sieben Jahre bestellt

Brandstetter ließ eine Arbeitsgruppe Möglichkeiten prüfen, das Weisungsrecht auf ein anderes Organ zu übertragen oder zumindest so zu modifizieren, dass jeder Anschein einer politischen Einflussnahme auf Strafverfahren vermieden wird. Obwohl Richter und Staatsanwälte dem Minister das Weisungsrecht gern genommen hätten, empfahl die auch aus anderen Praktikern und Experten bestehende Arbeitsgruppe einen institutionalisierten Weisenrat. Dieser soll nach dem Entwurf aus dem Generalprokurator und zwei weiteren Personen bestehen. Voraussetzung sind besondere Kenntnisse und Erfahrungen im Strafrecht und eine mindestens 15-jährige Berufstätigkeit auf diesem Gebiet. Aktive Richter und Anwälte sind ausgeschlossen. Die Mitglieder werden vom Generalprokurator vorausgewählt und nach Anhörung der drei Höchstgerichtspräsidenten über Vorschlag der Regierung vom Bundespräsidenten ernannt: für sieben Jahre ohne Chance auf Wiederbestellung.

Verfassungsrechtlich kann der Minister nicht an die Empfehlung des Weisenrats gebunden sein. Brandstetter hat aber schon früh klargemacht, dass es „politischem Selbstmord“ gleichkäme, sich dem Rat zu widersetzen. Nicht so klar ist eine weitere Ankündigung Brandstetters umgesetzt, wonach der Generalprokurator die Empfehlungen des Weisenrats veröffentlichen sollte: Die Sitzungen des Weisenrats sind nicht öffentlich, seine Mitglieder unterliegen der Amtsverschwiegenheit. Bloß dann, wenn der Minister einer Empfehlung nicht folgt, soll er diese samt Begründung für sein Abweichen „jedenfalls“ im alljährlichen Bericht ans Parlament veröffentlichen; die Veröffentlichung kann also auch auf andere Weise erfolgen, muss aber nicht.

Neben dem Weisenrat bringt der Entwurf eine Vereinfachung der Berichtspflichten, die aufsehenerregende Verfahren stark verlangsamen. Vorhabensberichte sollen künftig nicht bei jedem einzelnen Schritt des Verfahrens fällig werden, sondern erst vor der endgültigen Erledigung durch den Staatsanwalt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2015)

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