Steuern: Reformkonzept spaltet die Parteien

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Während die wahlkämpfenden Landeschefs zufrieden sind, protestiert der linke Flügel in der SPÖ. Im ÖVP-Wirtschaftsbund formiert sich Widerstand gegen die Registrierkassenpflicht.

Wien. In den Landesparteien der SPÖ klingelten gegen Donnerstagmittag nacheinander die Telefone. Am anderen Ende der Leitung meldete sich Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos, er hatte folgende Nachricht: Das Konzept für die Steuerreform sei beinahe fertig. Am Abend finde die – voraussichtlich – letzte Verhandlungsrunde statt.

Im Groben umriss Darabos auch die Inhalte: Arbeitnehmer würden im Schnitt mit rund 1000 Euro pro Jahr entlastet. Eine Millionärssteuer sei mit der ÖVP nicht machbar gewesen, dafür würden einige vermögensbezogene Abgaben wie die Grunderwerbsteuer angehoben. Es ist anzunehmen, dass ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel inzwischen ähnlich viel telefoniert, aber andere Schwerpunkte in seiner Information gesetzt hat. Vielleicht hat er betont, dass die ÖVP eine Erbschaftssteuer verhindert hat. Schließlich erzählt man den Parteifreunden immer das, was sie hören wollen, um die Debatte in eine gewisse Richtung zu lenken.

Ganz wird das freilich in beiden Koalitionsparteien nicht gelingen. Denn das Steuerreformpaket, so viel stand am Donnerstag fest, wird stark polarisieren, extern wie intern. Vor allem intern. Nicht alle haben bekommen, was sie wollten.

Entlastung vor Reichensteuer

Die gute Nachricht für die SPÖ-Spitze um Kanzler Werner Faymann lautet: Jene Landeshauptleute, die heuer eine Wahl zu schlagen haben, sind mit dem Ergebnis einverstanden. Der Wiener Bürgermeister, Michael Häupl, allein schon deshalb, weil er Teil des Verhandlerteams war. Aber auch der Burgenländer Hans Niessl und der Steirer Franz Voves haben Zustimmung signalisiert. Die Entlastung der Mittelschicht sei ihnen wichtiger als eine Reichensteuer, war aus den SPÖ-geführten Ländern zu hören. Dahinter steckt eine strategische Überlegung: Wenn den Arbeitnehmern spürbar mehr Geld übrig bleibt, ist das nicht das schlechteste Wahlkampfargument. Die Gegenfinanzierung ist da zweitrangig.

Dem Vernehmen nach haben die Landeshauptleute ihre Zustimmung auch vom Gewerkschaftsbund (ÖGB) abhängig gemacht, der im Rahmen seiner „Steuern runter“-Kampagne immerhin fast 900.000 Unterschriften gesammelt hat. Auch dahinter verbirgt sich ein taktisches Motiv: Frustrierte Gewerkschafter sind in einem Wahlkampf nicht sonderlich hilfreich.

Der ÖGB-Präsident gab gestern Vormittag grünes Licht. Das, was er aus Verhandlerkreisen gehört habe, „klingt positiv“, sagte Erich Foglar gegenüber der Austria Presse Agentur. Dass nämlich der überwiegende Teil des Entlastungsvolumens von fünf Milliarden Euro in die Reform der Steuertarife fließe, also den mittleren und unteren Einkommensschichten zugutekomme. Erfreulich sei auch, dass Vermögende zur Kasse gebeten würden. So solle etwa die Kapitalertragsteuer auf Wertpapiererträge erhöht werden.

Doch nicht alle in der SPÖ vertreten diese Meinung. Nach dem Tiroler Parteichef, Ingo Mayr, der am Mittwoch die Abkehr von der zentralen SPÖ-Forderung, der Millionärssteuer, kritisiert hatte, meldete auch der Vorarlberger Michael Ritsch Skepsis an: Er kenne die Details noch nicht, seine Mindestanforderung seien aber 50 Euro mehr pro Monat für jeden Bürger. Netto. Andernfalls lehne er das Paket ab.

Der linke SPÖ-Flügel wiederum wirft der Parteispitze vor, die Vermögensteuer fallen gelassen zu haben. Weshalb nun einige Abgeordnete, unter anderem die Oberösterreicherin Daniela Holzinger, im Nationalrat gegen den Steuerkompromiss stimmen wollen.

Innerhalb der ÖVP ist der Wirtschaftsbund in Aufruhr – wegen der Registrierkassenpflicht für die Gastronomie. Die Ironie dabei: Nach Michael Spindeleggers Rücktritt hat Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl dafür gesorgt, dass mit Reinhold Mitterlehner, Hans Jörg Schelling und Harald Mahrer drei Wirtschaftsbündler in maßgebliche Partei- und Regierungsämter kommen. Ausgerechnet Mitterlehner und Schelling haben dem Koalitionspartner nun den Wunsch nach strengeren Regeln im Gastgewerbe erfüllt. Andererseits ist die Wirtschaftskammerwahl bereits vorbei.

Die neue Eile der Koalition

Für Freitagmittag haben beide Parteien ihre Gremien einberufen. Dort soll das Paket abgesegnet werden, bevor es dann am Abend den Medien präsentiert wird. Die erwartbare Kritik war ein Motiv für die vorzeitige Einigung gewesen. Eigentlich wollten SPÖ und ÖVP ihr Konzept erst am 17.März, also am Dienstag, abgeben. So aber hat man nun einen Debattenpuffer über das Wochenende. Der zweite Grund für die neue Eile der Koalition: Man will in die Wochenendzeitungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2015)

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