Landeshauptmann Pröll zeigt sich zufrieden, dass Vermögenssteuern verhindert wurden. Die Sozialistische Jugend protestiert vor dem Bundeskanzleramt. Ex-Kanzler Vranitzky empfiehlt weitere Reformen.
Die nach Darstellung der Regierung „größte Steuerreform der Zweiten Republik“ steht. Nun gilt es, Überzeugungsarbeit zu leisten – allen voran in den eigenen Reihen. Um 12 Uhr traten der ÖVP-Bundesvorstand sowie das SPÖ-Präsidium zusammen. Sie segneten das Paket jeweils einstimmig ab. Derzeit tagt noch der Vorstand der Sozialdemokraten. Für 18 Uhr ist eine Pressekonferenz von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) angekündigt, wo alle Details offiziell publik gemacht werden sollen.
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Der Erste, der sich positiv äußerte, war Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ). „Ich finde das Paket in Ordnung, ich finde das Gesamtergebnis in Ordnung. Ich trage das mit", betonte der in den frühen Stunden am Freitag den 13. Niessl, der im Mai eine Landtagswahl zu schlagen hat, hielt außerdem fest: Das vereinbarte Volumen von fünf Milliarden Euro bedeute „eigentlich die höchste Entlastung in der Zweiten Republik".
Auch andere SPÖ-Spitzen zeigten sich vor Beginn der Sitzungen zufrieden. Michael Ritsch, Vorsitzender der Vorarlberger SPÖ und oft auch kritischer Geist in der Partei, ist diesmal mit dem Erreichten zufrieden. Für ihn sei Voraussetzung für eine Zustimmung gewesen, dass jedem 50 Euro pro Monat mehr zukämen.
Sozialistische Jugend plant Protest vor dem Kanzleramt
Die Sozialistische Jugend ist hingegen „extrem empört“. Ihr Ziel sei die Einführung von Vermögenssteuern gewesen“, sagte SJ-Chefin Julia Herr, „um in Österreich wieder gerechter umzuverteilen“. Die linke Parteijugend demonstrierte daher vor dem Bundeskanzleramt. Herr selbst überlegt, im Bundesparteivorstand gegen das Paket zu stimmen, „wenn keine ausreichenden vermögensbezogenen Steuern dabei sind“.
Auch in Teilen der ÖVP gibt es Kritik am rot-schwarzen Kompromiss. Wirtschaftsbundobmann und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl hätte sich vor allem auf der Ausgabenseite "mehr gewünscht". Zur Registrierkassenpflicht erklärte er, dass er alles, das der Betrugsbekämpfung diene, begrüßt. "Schikane" und zusätzliche Bürokratie werde aber abgelehnt. Dies habe er daher "nicht achselzuckend" zur Kenntnis nehmen wollen, begründete er seine ablehnende Haltung diesbezüglich gerade in den vergangenen Tagen. Er hoffe aber noch auf den parlamentarischen Prozess.
Pröll: "Dürfte halbwegs geglückt sein"
Niederösterreichs VP-Landeshauptmann Erwin Pröll meinte vor Beginn des Parteivorstands: "Es dürfte halbwegs geglückt sein." Die von der SPÖ gewünschte Vermögenssteuer habe verhindert werden können.
Der burgenländische Landesparteichef Franz Steindl erkannte auf das erste Hinschauen ebenfalls eine gelungene Reform. Die Mittelschicht werde entlastet und er hoffe auf eine Kaufkraftstärkung.
Kritik an "Wohlfühlzahlen"
Wenig begeistert zeigte sich die Opposition. „Meilensteine sehen anders aus", sagte FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache die Steuerreform der rot-schwarzen Regierung. Eine halbe Ewigkeit habe die Regierung „herumgedoktert, um dann ein kümmerliches Paketchen" auf die Reise zu schicken. „Die Steuerreform wird ein Sturm im Wasserglas", kommentierte Team Stronach Klubobfrau Waltraud Dietrich. Sie vermutete, „dass wieder Wohlfühlzahlen verwendet wurden, wie Finanzminister Schelling dann in einigen Monaten wieder wird zugeben müssen“.
Für die Neos greifen die Steuerreform-Pläne "viel zu kurz", wie es in einer Aussendung am Freitag heißt. Klubobmann Matthias Strolz ortet in dem Paket lediglich "Beruhigungspillen" für die Steuerzahler, "mutige Reformen" fehlen laut Strolz.
Der frühere Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) begrüßt die geplante Entlastung. Der Regierung empfiehlt er jedoch, "den Schwung beizubehalten und an der Förderalismus-Entschlackung und den Rahmenbedingungen für Bildung und Forschung zügig weiterarbeiten."
Dass die Wiedereinführung der unter seiner Ägide als Kanzler abgeschafften Vermögensteuer gegen den Widerstand der ÖVP nicht möglich war, habe ihn nicht überrascht, betont Vranitzky. Der SPÖ empfiehlt er nun, nicht weiter darauf zu beharren, "weil das Beharren auf einzelnen Steuerarten wahrscheinlich auch in Zukunft nicht zu gemeinsamen Erfolgen führen wird".
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(Red./APA)