Lebensqualität trotz Krebsdiagnose

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Krebstherapie. Wie geht es Krebspatienten während der Behandlung und danach? Das wollen Innsbrucker Forscher mit neuer Software besser abklären. Ganz auf den Patienten zugeschnitten.

Ungefähr 38.700 Menschen erhalten in Österreich pro Jahr die ernüchternde Diagnose Krebs. Für Betroffene, Angehörige und Freunde beginnt eine schwere Zeit. Umso wichtiger ist es, dass den erkrankten Personen so viel Lebensqualität wie nur möglich erhalten bleibt. Ein von Forschern der Med-Uni Innsbruck und einer IT-Firma entwickeltes Computerprogramm (www.ches.pro) soll die Kommunikation zwischen Patient und Arzt verbessern. So soll die subjektive Lebensqualität der betroffenen Personen erhöht werden.

Das Projekt läuft in Zusammenarbeit mit der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) und dem von Wissenschafts- und Technologieministerium finanzierten Comet-K1-Zentrum Oncotyrol.

In der Onkologie werden seit den 1990er-Jahren nicht nur die harten medizinischen Fakten, also Befunde, sondern auch die Selbsteinschätzungen der Patienten hinsichtlich ihres wahrgenommenen Gesundheitszustandes erhoben. Dadurch lässt sich die Behandlungsmethode individuell auf den Krebspatienten anpassen. „Das führt zu einem besseren Behandlungsergebnis und zu einem verbesserten körperlichen und seelischen Gesamtzustand der Erkrankten“, sagt Bernhard Holzner von der Innsbrucker Universitätsklinik für Biologische Psychiatrie, die sich seit mehr als 20 Jahren der Lebensqualitätsforschung in der Onkologie widmet. „Betroffene leben mitunter jahrelang mit ihrer Krebserkrankung. Viele Krebsarten zeigen schon hohe Überlebensraten. Dennoch leiden die Patienten an erheblichen körperlichen und psychischen Belastungen, die ihr Alltagsleben beeinträchtigen und die man aus medizinischer Sicht ernst nehmen muss“, so Holzner.

Selbsteinschätzung ist wichtig

Es gibt auf europäischer Ebene standardisierte Fragebögen, um den subjektiven Gesundheitszustand von Krebspatienten zu erfassen. Diese Fragebögen wurden multikulturell und multilingual erstellt. Der Nachteil: Bisher mussten alle Patienten bei jeder Erhebung dieselben Fragen beantworten. „Bei dieser Methode sind wir von einer personalisierten Erfassung weit entfernt“, so Holzner. Die Innsbrucker Uni-Klinik hat daher im Rahmen eines Projekts des Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF einen computeradaptiven Fragebogen entwickelt, mit dem die Lebensqualität der Erkrankten mit individuell abgestimmten Fragen erhoben wird: Anhand der jeweiligen Antwort wird die nächste Frage generiert. Das erhöht die Messgenauigkeit und verringert die Anzahl der notwendigen Fragen. Mit der entwickelten Software können die Ergebnisse dieser Befragungen zudem für den behandelnden Arzt grafisch aufbereitet werden.

An der bis 2017 laufenden Studie sind über 500 Patienten der Innsbrucker Klinik im Alter zwischen 18 und 80 Jahren mit unterschiedlichen Krebsdiagnosen, Behandlungs- und Entwicklungsphasen beteiligt. „Diese Selbsteinschätzungen des Gesundheitszustandes der Krebspatienten sind für uns wichtige Hinweise. Damit lassen sich Patientengespräche zielgerichteter und wirkungsvoller gestalten.“

Grundsätzlich ist es sinnvoll, diese Daten von der Diagnose bis zur Nachsorge in regelmäßigen Abständen zu erheben, vor allem aber dann, wenn es aufgrund der Erkrankung und der Behandlung zu Veränderungen kommt. „Natürlich lässt sich die Therapie nicht beliebig anpassen“, streicht Holzner hervor, „aber es lassen sich zum Beispiel häufig Verbesserungen im Symptommanagement erzielen.“

Das Innsbrucker Team untersucht zusätzlich die Messgenauigkeit der Tests. „Wir wollen feststellen, ob sich die neu entwickelten Fragebögen dazu eignen, auch geringe Änderungen im Gesundheitszustand abzubilden.“

LEXIKON

Onkologie ist die Wissenschaft über die Krebserkrankungen und gehört in den Bereich der inneren Medizin. Sie umfasst neben der Prävention und der Diagnostik auch die Therapie und die Nachsorge. Rund 38.700 Neuerkrankungen gibt es pro Jahr in Österreich. Am häufigsten werden Darm-, Lungen-, Brust- und Prostatakrebs diagnostiziert. Sie sind die zweithäufigste Todesursache nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2015)

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