Der erste Spaziergang im All wurde beinahe zur Katastrophe

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Vor 50 Jahren schwebte Alexei Leonow als erster Mensch frei im Weltall. Dann aber blähte sich sein Anzug auf - und auf die Ruhe folgte Panik.

„Ein guter Pilot, fliegt unter allen Bedingungen. Physisch gut entwickelt, studiert ausgezeichnet und beherrscht den Pinsel gut.“ So lauten 1965 die Anforderungen des obersten sowjetischen Raketeningenieurs Sergej Koroljow. Auf Alexei Archipowitsch Leonow treffen sie zu. Der 30-Jährige wird aus rund 3000 Bewerbern auserwählt, um als erster Mensch aus einem Raumschiff in das Weltall zu treten – und einen neuen Rekord im „außerirdischen“ Wettstreit mit den USA aufzustellen.

Als Schiff wird eine bewährte „Wostok“-Sonde leicht modifiziert und umbenannt. Aus „Wostok“ (Osten) wird „Woschod“ (Aufstieg; Aufgang eines Gestirns). Während die bisherigen Missionen vorab nie öffentlich angekündigt worden waren, macht die Sowjetunion nun aktiv Werbung. Als das Raumschiff am 18. März 1965 mit Leonow und seinem Kommandanten Pawel Beljajew startet und gen Orbit aufsteigt, verfolgen Radiosender das Geschehen live. Auch, als sich Leonow in 400 Kilometern Höhe aus der röhrenförmigen Luftschleuse wagt, hören die Medien mit.

„Ich schaffe es nicht“

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Zunächst läuft alles planmäßig: Leonow, an einem 4,5 Meter langem Sicherheitsseil mit dem Schiff verbunden, schwebt erstmals frei im All, absolviert den ersten „Weltallspaziergang“. Umgeben von Sternen und einer „absoluten Stille“, wie er 50 Jahre später im Interview mit der „Presse“ sagen wird. „Das eigene Atmen, das Schlagen des Herzens habe ich gehört, was man sonst nicht hört.“

Er manövriert sich an die Hülle der Sonde, befestigt dort eine Außenbordkamera. Doch plötzlich beginnt sich sein Anzug aufzublähen. Als der ausgebildete Jagdflieger eine kleine Kamera, die an seiner Brust befestigt ist, aktivieren will, kann er den Knopf an seinem Bein nicht berühren. Er bekommt Panik, wie er später in seinem Buch „Zwei Mann im Mond“ schreibt. Wie auf der Erde geprobt versucht der Sohn eines Pferdezüchters mit den Beinen voraus in die Röhre zurückzukehren „Ich schaffe es nicht“, dringt es durch die Lautsprecher der Bodenkontrolle nahe Moskau.

Durch den Sauerstoff innen und das Vakuum außen schwillt der Anzug weiter an, versteift sich. Leonow versucht es mit dem Kopf voran. „Ich schaffe es nicht“, gibt er wieder durch. Die Radiostationen kappen ihre Übertragung, während der Astronaut an einem Schraubverschluss zu drehen beginnt. Er lässt Sauerstoff aus, zieht sich an das Schiff. Nach zwölf Minuten und neun Sekunden kann er die Röhre von innen schließen. Die Mission ist geschafft – zumindest der erste Teil davon. „Unser 'Woschod 2' war ein Versuchsraumschiff. Als es landen sollte, versagte die automatische Steuerung“, sagt Leonow der „Presse“. Die Folge: „Wir gingen auf Handsteuerung (eine weiteres Novum in der Geschichte der Raumfahrt, Anm.) und eine andere Flugbahn über, was einen Mehrweg von 1500 Kilometern ergab, sodass wir in der tiefen Taiga am Nordural landeten, wo es keine Elektroleitungen gab.“

Über Kurzwelle morsen sie eine Nachricht an die Bodenstation, wenige Stunden später ortet ein Hubschrauber die beiden Raumfahrer. Doch in der dicht bewachsenen Taiga kann er nicht landen. Erst zwei Tage später dringen die Bergungsmannschaften zu ihnen vor. Mit dem 21. März ist die Mission damit offiziell beendet.

Rekorde im All

  • Das erste Lebewesen, das die Erde gen Weltraum verließ, war im November 1957 die russische Hündin Laika.
  • Am 12. April 1961 umkreiste der Russe Juri Gagarin als erster Mensch die Erde.
  • Valentina Tereschkowa war 1963 die erste Frau im All.
  • Alexej Leonow "spazierte" zwei Jahre später rund zwölf Minuten lang im freien Raum.
  • Der Amerikaner Neil Armstrong setzte als erster 1969 seinen Fuß auf den Mond.
  • Multimillionär Dennis Tito reiste 2001 als erster Weltraumtourist zur Internationalen Raumstation ISS.

(hell)

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