Pfarrer: „Jesus Christus gab es nicht“

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Calvinist hält Jesus für einen „Mythos aus Ägypten“ und löst Debatte aus.

Den Haag. Bei den vielen Schattierungen des protestantisch-calvinistischen Glaubens in den Niederlanden ist vieles möglich. Vor allem wird unter Calvinisten viel und heftig über ihren Glauben diskutiert. Derzeit sogar über eine Frage, von der eigentlich fast alles abhängt: Ob es Jesus wirklich gegeben hat. Und was verkündete da jüngst Pfarrer Edward van der Kaaij von der Kanzel in der Vredenskerk (Friedenskirche) im Städtchen Nijkerk nordöstlich von Utrecht: „Jesus gab es nicht. Er ist ein Mythos.“

Der Pfarrer, der Jesus leugnet, ist in aller Munde und löst heftige Debatten aus. In Nijkerk (40.000 Einwohner) schätzt man ihn darob sehr, obwohl es auch Kritiker gibt, die mit seiner „Lehre“ nicht einverstanden sind: „Unser Pfarrer bezweifelt das, woran wir glauben“, heißt es. „Er predigt Unsinn.“ Und so schlägt ihm ein rauer Wind entgegen: In anderen reformierten Gemeinden will man ihn nicht mehr hören, schon gar nicht als Prediger von der Kanzel. „In vielen Gemeinden ist Herr van der Kaaij nicht mehr willkommen“, stellt Meindert Zuur vom calvinistischen Kirchenrat der Kruiskerk (Kreuzkirche) fest. „Seine Auffassungen sind mit unserem Glauben nicht vereinbar.“

Der Pfarrer, ein studierter Jurist und Theologe, hat seine Thesen in einem Buch publiziert. Titel: „Die schwierige Wahrheit des Christentums“. Die Kernthese: Der historische Jesus, wie man ihn aus der Bibel kennt, hat nie existiert. Die Figur wurzle in einem uralten Mythos aus Ägypten, in dem sich alle Elemente des christlichen Glaubens fänden, etwa die Geburt Jesu durch eine Jungfrau, das Sterben am Kreuz, die Auferstehung. „Nicht alles, was in der Bibel steht, ist auch geschehen“, meint van der Kaaij ferner. Dennoch glaube auch er an ein Leben nach dem Tod.

Symbol für Gedankenfreiheit

Selbst laizistische Kommentatoren in holländischen Medien halten die Jesus-Leugnung durch einen Pfarrer für ein „starkes Stück“. Sie sehen aber eine Symbolik der Freiheit des Denkens in den Niederlanden: „Hier darf so ein Pfarrer in seiner Heimatgemeinde weiter predigen. Man stelle sich die Folgen vor, würde ein Imam die Existenz Mohammeds bezweifeln.“ (htz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2015)

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