Der eben erst im Amt bestätigte israelische Premier Netanjahu lehnt die Schaffung eines Palästinenserstaates ab. US-Präsident Obama, einst wichtiger Partner, könnte nun die Palästinenser in der UNO unterstützen.
Washington. Mit seinem allerersten Veto im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ersparte US-Präsident Barack Obama Israel im Februar 2011 eine peinliche Bloßstellung auf der Weltbühne. Vier Jahre später allerdings ist es ungewiss, ob die USA ihrem traditionell wichtigsten Partner im Nahen Osten weiterhin so kompromisslos zur Seite stehen wie bisher.
Denn nach dem Sieg der konservativen Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei den Parlamentswahlen am Dienstag herrscht zwischen Washington und Jerusalem Funkstille. Obama hat Netanjahu noch nicht zu seinem Erfolg gratuliert; Außenminister John Kerry durfte die Formalität in einem Telefonat erledigen. Das Weiße Haus ließ verlauten, Obama werde sich „in den nächsten Tagen“ melden, sobald eine neue israelische Regierungskoalition feststehe.
In inhaltlichen Fragen werden die USA und Israel in den verbleibenden 22 Monaten von Obamas Amtszeit wenig voranbringen. Netanjahu verdankt seine vierte Amtszeit vor allem einer dezidierten Ablehnung dreier Anliegen Obamas: Weder solle es ein Abkommen mit dem Iran über die Kontrolle von dessen Atomwaffenprogramm geben, noch denke er daran, die nach überwiegender internationaler Ansicht illegalen israelischen Siedlungen im Westjordanland und in Ostjerusalem aufzugeben oder ihren Neubau einzustellen. Kurz vor der Wahl erklärte Netanjahu zudem, sich gegen die Schaffung eines Palästinenserstaates zu stellen.
Obamas gescheiterte Friedenspläne
Beide Versuche Obamas, zwischen Israelis und Palästinensern einen dauerhaften Frieden zu schaffen, sind gescheitert. Im März 2010 zogen sich die Palästinenser bereits vor Beginn einer neuen Verhandlungsrunde zurück, nachdem Israel angekündigt hatte, 1600 Wohneinheiten im Westjordanland bauen zu wollen. Diese Episode trug sich, zufällig oder gezielt geplant, genau anlässlich des ersten Besuchs von Vizepräsident Joe Biden im Nahen Osten zu. Seine Hoffnung, sich als friedensstiftender Staatsmann profilieren zu können, war somit perdu. Obama stand seither der Aussicht auf eine Einigung zutiefst skeptisch gegenüber und hielt sich fortan fast völlig aus der Nahost-Politik heraus. Den zweiten Anlauf unternahm Außenminister Kerry drei Jahre später, doch die Gespräche scheiterten Ende April 2014. Offiziell gab das Weiße Hause beiden Seiten Schuld, hinter vorgehaltener Hand waren Obamas Nahost-Berater aber vor allem über die Israelis zutiefst erbost.
Netanjahu hat mit seiner harten Haltung zwar an den Urnen gewonnen, ob er seinem Land damit einen Dienst erwiesen hat, ist fraglich. Namentlich ungenannte Nahost-Berater Obamas deuteten gegenüber mehreren US-Medien an, dass Washington sich künftig nicht mehr so klar auf Israels Seite stellen könnte wie bisher. „Wir sind jetzt in einer Realität, in der die israelische Regierung direkte Verhandlungen nicht mehr unterstützt. Das müssen wir also in unsere künftigen Entscheidungen einbeziehen“, sagte ein US-Regierungsvertreter zur „New York Times“.
Zwar dürfte Washington seine Ablehnung eines Beitritts der Palästinenser zum Internationalen Strafgerichtshof nicht aufgeben, hieß es aus dem Weißen Haus gegenüber dem „Wall Street Journal“. Die USA würden aber möglicherweise nicht mehr per Veto verhindern, dass Israels Siedlungsbau im UNO-Sicherheitsrat für illegal erklärt wird.
Folgt Veto im Sicherheitsrat?
Diese Frage wird schon am 1.April erneut akut, wenn die Palästinenser vor dem Internationalen Strafgerichtshof Beschwerde gegen die Siedlungen einbringen. Schon vor vier Jahren wäre Israel beinahe vom Sicherheitsrat verurteilt worden: Einzig das Veto der damaligen UN-Botschafterin Susan Rice verhinderte dies am 18. Februar 2011. Es war das erste Veto der USA im Sicherheitsrat unter Obamas Präsidentschaft. Rice ist heute Obamas nationale Sicherheitsberaterin – und eine der schärfsten Kritikerinnen Netanjahus.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2015)