Jugendliche Wienerin wollte IS-Kämpfern helfen

Symbolbild: Eine Flagge, wie sie häufig von der der Terrororganisation IS verwendet wird, auf einem zerstörten Haus im Irak.
Symbolbild: Eine Flagge, wie sie häufig von der der Terrororganisation IS verwendet wird, auf einem zerstörten Haus im Irak. REUTERS
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Eine erst seit ein paar Wochen 16 Jahre alte Wienerin soll dem nun aus Syrien heimgekehrten Oliver N. versprochen haben, Frauen für die Terrorgruppe IS zu rekrutieren.

Wien. Der nun aus dem Kampfgebiet in Syrien zurückgekehrte 16-jährige Lehrling Oliver N. („Die Presse“ berichtete) hat bereits im Oktober des Vorjahres durch seinen Auftritt in einem Propaganda-Video der Terrororganisation IS (Islamischer Staat) für Aufregung gesorgt. Seither erhebt die Staatsanwaltschaft Wien schwere Terrorvorwürfe gegen den Burschen. Mittlerweile ist der 16-Jährige geständig, über ihn wurde die U-Haft verhängt. Als Haftgründe wurden Tatbegehungs- und Fluchtgefahr angenommen.

Indes wurde am Montag, völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit, eine 16-jährige Wienerin aus der U-Haft entlassen. Laut Erkenntnissen des Verfassungsschutzes hatte die Jugendliche via Internet Kontakt mit Oliver N. gehalten. Vor allem aber hatte sie vorgehabt, ebenfalls nach Syrien zu ziehen.

Der Fall der 16-jährigen L. (Abkürzung des Vornamens, Anm.) ist einigermaßen bizarr. Nach „Presse“-Informationen trug das Mädchen auch während ihrer zweiwöchigen U-Haft (diese war wegen des dringenden Tatverdachts der IS-Mitgliedschaft verhängt worden) eine Burka. Erst drei Monate zuvor war sie zum Islam konvertiert und hatte in Wien einen Jugendlichen nach islamischen Recht geheiratet.

Laut dem Wiener Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) hatte sich dieser Jugendliche, der aus Tschetschenien stammende D., im Dezember des Vorjahres (einen Tag, nachdem er L. geheiratet hatte) auf den Weg nach Syrien gemacht. Dort absolvierte er laut LVT ein Ausbildungslager für IS-Kämpfer. Die 16-jährige L. soll ursprünglich geplant haben, gleich mit D. mitzukommen. Doch weil ihr Reisepass bei ihrer Mutter und damit für sie nicht unmittelbar verfügbar war, scheiterte dieses Vorhaben.

Festnahme nach Observation

Dann kam Oliver N. ins Spiel. Mit ihm hatte L. via Kommunikationsdienst Telegram Kontakt. Sie erkundigte sich, ob dieser etwas über den Verbleib ihres Ehemannes wisse. Und sicherte zu, ebenfalls bald nach Syrien zu reisen. Mehr noch: Wie es im Gerichtsbeschluss zur Aufhebung der U-Haft heißt, habe L. „in Aussicht gestellt, weitere Ehefrauen für IS Kämpfer zu rekrutieren“. Am 25. Februar um exakt 19.10 Uhr war der Spuk zu Ende. L. wurde nach vorhergehender Observation festgenommen.

Warum aber wurde angesichts dieser Vorgeschichte die U-Haft beendet und nicht fortgesetzt? Immerhin hatte die Staatsanwaltschaft Wien im Rahmen einer obligaten Haftprüfung beantragt, die Jugendliche möge weiter in Gewahrsam bleiben. Und zwar wegen Flucht- und auch wegen Wiederholungsgefahr. Die Antwort: Der Haftrichter hielt die Beteuerung der Jugendlichen, „Die Zeit in Haft war sehr eindrücklich für mich“, für glaubwürdig. L. erklärte laut Haftverhandlungsprotokoll weiter, sie habe „sehr viel Zeit gehabt, um nachzudenken“.

Auch der Umstand, dass L. aus gutem Hause stammt, ankündigte, sich via AMS eine Arbeit zu suchen – und vor allem das Versprechen, den Kontakt zu D. zu meiden, waren für die Entlassung ausschlaggebend. Auch die Mutter von L. hatte sich sehr bemüht gezeigt. Der Anwalt des Mädchens, Wolfgang Blaschitz, sagt nun auf „Presse“-Anfrage, seine Klientin habe sich schon vor der Rückkehr von Oliver N. (ohne zu ahnen, dass dieser je heimkehren würde) vom Jihadismus abgewandt. „Sie denkt heute nicht mehr daran, nach Syrien zu fahren.“ Ein Prozess steht L. allerdings bevor.

Der Terror-Paragraf

Terroristische Vereinigung. Fast immer, wenn in Österreich jemand als mutmaßlicher Terrorist oder Unterstützer einer Terrororganisation verfolgt wird, läuft das Verfahren wegen des Delikts „Terroristische Vereinigung“ (§ 278b Strafgesetzbuch). Wer eine solche Vereinigung anführt, ist mit fünf bis 15 Jahren Freiheitsentzug zu bestrafen. Wer Mitglied ist – dieser Vorwurf trifft naturgemäß die meisten Verdächtigen – muss mit mindestens einem Jahr und höchstens zehn Jahren Haft rechnen. Bei Unter-18-Jährigen gelten die halben Strafsätze.

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