An der dreckigen, braunen Donau

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Forscher untersuchten 2375 Kilometer Fluss. Die Messergebnisse zeigten gleich mehrere Probleme auf: Fischarmut, exzessive Flussverbauung, antibiotikaresistente Keime und - Drogenrückstände.

Donau. 75 Prozent der österreichischen Donau gleichen eher einem Kanal als einem Fluss. Der Zustand der Ufer zwischen Passau und Hainburg ist in hohem Maß „unbefriedigend bis schlecht“. Das Gleiche gilt für die Lebensbedingungen von Fischen. Hinzu kommen jede Menge Keime mit mehrfachen Antibiotikaresistenzen und: Nirgendwo sonst entlang der gesamten Messstrecke fanden die Chemiker höhere Konzentrationen von illegalen Drogen und Medikamenten im Wasser als in Klosterneuburg bei Wien.

Diese Liste ist nur ein kurzer Auszug aus einer Vielzahl von Ergebnissen, die ein internationales Wissenschaftlerteam in 14 Donau-Anrainerstaaten gesammelt hat. Zum dritten Mal zeichnet der sogenannte „Joint Danube Survey 3 (JDS3)“ ein umfassendes Bild vom Zustand des zweitgrößten Flusses Europas.

Ein Überblick über die größten Probleme:

  • Kein Fluss für Fische. Sauberes Wasser allein reicht nicht aus, damit Biologen von einem gesunden Ökosystem Fluss sprechen. Daher untersuchten die Forscher an mehreren Standorten Dichte und Zusammensetzung des Fischbestandes. Hierzulande geschah das in Jochenstein (Bezirk Schärding) sowie in der Nähe von Ybbs. An beiden Messpunkten wurden die Bedingungen für Fische als „schlecht“ beurteilt. Im Bericht ist von einem „erheblichen Problem“ bei der Fischpopulation die Rede. Zwar ist die Artenvielfalt noch gegeben, Dämme, Kraftwerke und begradigte Ufer haben jedoch dazu geführt, dass der Gesamtbestand arg dezimiert ist.
  • Fremde Arten. Der dezimierte Fischbestand dürfte nach Erkenntnissen der Forscher auch damit zu tun haben, dass eingeschleppte Fremdarten den heimischen Spezies das Futter nehmen und Parasiten mitbringen, mit denen sie nicht zurechtkommen. Das größte Problem stellt die explosionsartige Vermehrung von Grundeln dar, die sich an den befestigten Ufern der österreichischen Donau besonders wohlfühlen dürften.
  • Qualität der Ufer. Drei Viertel der österreichischen Donau wurden vom Menschen so stark verändert, dass sie nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie mit den Schulnoten 4 und 5 bewertet werden. Bis Ende 2015 müsste jedoch eigentlich der Zustand „gut“ hergestellt sein. Wegen der dichten Bebauung und der verschwundenen natürlichen Überflutungsgebiete steht die Flussökologie im Konflikt mit technischen Hochwasserschutzbauten. Ein Dilemma, das kaum zu lösen sein wird. Zusätzlich kostet die Renaturalisierung von Flüssen bei gleichzeitiger Abstimmung auf die Erfordernisse der Schifffahrt enorme Summen. Im Osten von Wien läuft derzeit so ein Projekt. Kosten: mehr als 200 Mio. Euro.
  • Resistente Keime. Bakterien mit ausgeprägten Resistenzen gegen Antibiotika sind der Schrecken vieler Mediziner. In der Donau gibt es davon gleich eine ganze Reihe. Herausgefunden haben das Forscher der Medizinischen Universität Graz, die bei der Donau-Studie mitgearbeitet haben. Im Fokus standen vor allem Fäkalkeime und sogenannte Pseudomonaden. Bei Letzteren fand das Team von Clemens Kittinger und Gernot Zarfel vor allem im oberen Bereich der Donau – dazu gehört Österreich – bei bis zu 50 Prozent der Proben Stämme mit veränderten Resistenzen. Darunter ist ein hoher Anteil an Keimen, die gegen mehrere Antibiotika Unempfindlichkeiten entwickelt haben. Als Hauptverursacher dafür vermuten die Forscher Medikamente, die in großen Mengen in der Viehzucht und Humanmedizin eingesetzt werden, mit Gülle auf den Feldern und durch Regen und Grundwasser in der Donau landen.
  • Drogen in Klosterneuburg. In die Kategorie „bemerkenswert“ fällt die chemische Analyse des Donau-Wassers bei Klosterneuburg. Dort entdeckten die Wissenschaftler die mit Abstand höchste Konzentration von Medikamenten und illegalen Drogen. 63 Nanogramm Kokain pro Liter wurden sonst nirgendwo gemessen. Auch die Werte für Ecstasy (207 Nanogramm) liegen im Spitzenfeld. Hinzu kommen Höchstwerte bei Antidepressiva und Antiepileptika. Allerdings muss man die Werte auch in den richtigen Kontext stellen. Natürlich ist das kleine Klosterneuburg in Sachen Drogenkonsum nicht mit Großstädten wie Wien oder Budapest zu vergleichen. Die Forscher vermuten, dass die in Klosterneuburg gezogene Probe in Wahrheit schon während des vorangegangenen Wochenendes in Linz „belastet“ wurde, um dann später und stromabwärts im Labor zu landen.
Die Presse

DIE STUDIE

Joint Danube Survey. Der Joint Danube Survey (JDS) wird alle sechs Jahre durchgeführt und fand nun zum dritten Mal statt. Die Projektleitung liegt bei der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau (IKSD). In der IKSD sind 14 Anrainerstaaten der Donau, darunter auch Österreich, vertreten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2015)

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