Tauwetter zwischen Athen und Berlin

Alexis Tsipras und Angela Merkel.
Alexis Tsipras und Angela Merkel.APA/EPA/BERND VON JUTRCZENKA
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Beim Antrittsbesuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Berlin schlugen beide Seiten versöhnliche Töne an.

Berlin. Es ist mehr als ein Antrittsbesuch, das war bereits Tage vorher klar: Als am Montag der griechische Ministerpräsident, Alexis Tsipras, Berliner Boden betrat, um von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit militärischen Ehren empfangen zu werden, lagen Tage des Tumults und verbrannte Erde hinter den beiden Regierungschefs. Das Verhältnis zwischen den Finanzministern Wolfgang Schäuble (CDU) und Yanis Varoufakis ist längst ramponiert, zwischen Berlin, Brüssel und Athen wurden verbale Giftpfeile geschossen.

Da sich die Situation so sehr zugespitzt hatte – selbst EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gab am Wochenende an, dass er sein Limit erreicht habe –, scheinen Berlin und Athen nun die Feuerlöscher auszupacken. Bereits vor dem Besuch Tsipras war der griechische Außenminister, Nikos Kotzias, in Berlin. Die Gespräche mit seinem deutschen Pendant, Frank-Walter Steinmeier (SPD), waren „intensiv und angenehm“, wie es hieß, und Kotzias fand schmeichelnde Worte für Merkel; der „Süddeutschen Zeitung“ sagte er, sie sei ein rationaler Mensch und denke an die Zukunft Europas. Einen Tag später betonte Martin Schäfer, Sprecher des Auswärtigen Amtes, dass es während des Treffens das grundsätzliche Einverständnis gab, sich den bilateralen Beziehungen zu widmen.

Gegenseitige Abhängigkeit

Von ebendiesen Beziehungen hängt bekanntlich viel für Griechenland ab, auch wenn die Berliner Bürokraten nicht müde werden, auf die Rolle Brüssels zu verweisen. Berlin zahlt den Löwenanteil für die Rettung des maroden Staats, und auch die Frage nach einem dritten Hilfspaket für Athen wird insbesondere in Deutschland entschieden. Die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Griechenland und Deutschland – sinnbildlich für Europa – hat der SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann auf den Punkt gebracht: Ein drittes Hilfspaket werde es nur dann geben können, wenn Athen endlich Reformwillen zeige. Denn: „Ein Grexit wäre für Europa ein Desaster.“ In dieselbe Kerbe schlug auch SPD-Chef Sigmar Gabriel, der zwar griechische Reformen forderte, aber auch angab, dass die bisherigen Rettungen eher den Banken als den Menschen galten.
Vor dem Treffen mit Merkel sickerte durch, dass der Premier der Linksregierung tatsächlich mit einigen Reformvorschlägen gekommen sei, darunter die Erhöhung des Pensionsalters auf 67 und die Erhöhung der Steuern auf den ägäischen Touristeninseln sowie für Alkohol und Tabak.

Das Berliner Treffen, darüber waren sich beide Seiten im Klaren, werde aber kaum zu einer schnellen Lösung führen, zumal der Reparationsstreit (Entschädigungszahlungen für die NS-Verbrechen in Griechenland) noch nicht vom Tisch sei. Auch wenn hier versöhnliche Töne angeschlagen werden. Bei seinem Besuch in Berlin hat Kotzias die Errichtung eines „Weisenrats“ mit deutschen und griechischen Wissenschaftlern vorgeschlagen, um, wenn schon nicht eine juristische, zumindest eine politische Lösung zu finden. Für Berlin aber ist das Thema Reparationszahlungen abgeschlossen, wie mehrfach betont wurde.

Kurzfristige Hilfe

Der Athener Linksregierung rinnt unterdessen die Zeit davon. Medienberichten zufolge ist das Land nur noch bis 8. April liquide. Ab dann kann entweder das eine – Rückzahlung von Schulden – oder das andere – Überweisung von Sozialleistungen – vorgenommen werden. Sein Land sei auf kurzfristige Hilfen angewiesen, so Tsipras.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2015)

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