Die Gemeinderatswahlen in der Steiermark brachten Verluste für SPÖ und ÖVP. Daraus das Ende der Reformregierung abzuleiten, wäre aber verfrüht. Zu unberechenbar sind steirische Wähler.
Wien. 5,4 Prozentpunkte verlor die SPÖ bei den steirischen Gemeinderatswahlen am Sonntag. Was bedeutet das für die Landtagswahl am 31. Mai? Nicht viel, meint SPÖ-Landesgeschäftsführer Max Lercher. „Der Volkszorn ist ausgeblieben“, sagt er über die Gemeinderatswahl. „Uns wurde noch was ganz anderes prophezeit.“ Und bei den Landtagswahlen würden die Karten ohnedies wieder neu gemischt werden, sagte Lercher am Montag zur „Presse“.
Die Alarmglocken dürften bei SPÖ und ÖVP trotzdem schrillen. Die Sozialdemokraten (sie kamen landesweit auf 31,6 Prozent) erlitten in obersteirischen Arbeiterstädten teils herbe Verluste. In Bruck an der Mur ging die Absolute erstmals in der Zweiten Republik verloren. Die ÖVP kam landesweit auf 42,7 Prozent und blieb speziell in der ländlichen Oststeiermark eine Macht. Unterm Strich gibt es aber ein Minus von 4,1 Prozentpunkten. In roten Städten wie Mürzzuschlag oder Judenburg landeten die Schwarzen sogar hinter der FPÖ.
Totgesagte lebten schon 2010 länger
Ist das der Anfang vom Ende für die steirische Reformpartnerschaft, die Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und Vize Hermann Schützenhöfer (ÖVP) 2010 ausriefen? Die Gemeinderatswahlen stärken die Positionen der beiden sicher nicht. Andererseits ist die These, dass die rot-schwarze Koalition über ihre umstrittenen Gemeindefusionen stolpern wird, so auch nicht haltbar. In den fusionierten Gemeinden blieben trotz mancher Stimmverluste die großen Umstürze aus. Abgesehen von Neumarkt (Bezirk Murau), wo die FPÖ der ÖVP den ersten Platz abjagte. Doch Steirer votieren gern von Wahl zu Wahl anders.
Im Jahr 2010 (damals verlor die SPÖ bei den Gemeinderatswahlen noch mehr als jetzt, während die ÖVP gewann) sahen viele schon den Landeshauptmannsessel von Franz Voves wackeln. Er blieb aber auf Platz eins, weil entgegen dem damaligen Gemeindewahltrend auch die ÖVP Stimmen verlor.
Klar ist: Die Blauen sind im Kommen. So verdoppelten sie bei den jetzigen Gemeinderatswahlen ihr Ergebnis. Und trotzdem halten sie landesweit nur bei 13,9 Prozent. Allerdings wurde die FPÖ bei der Nationalratswahl 2013 stärkste Partei (24 Prozent) in der Steiermark. In Graz (die Landeshauptstadt wählte bei den jetzigen Gemeinderatswahlen nicht mit) waren bei der Nationalratswahl wiederum die Grünen auf Platz eins. Auch das zeigt die Unberechenbarkeit der steirischen Wähler.
Die Grünen errangen bei den jetzigen Gemeinderatswahlen 3,3 Prozent (+ 1,2 Prozentpunkte), die im Landtag vertretene KPÖ 1,5 Prozent (+ 0,3). Die erstmals angetretenen Neos schafften nur in 15 Orten eine Kandidatur, in sechs davon erreichte man Mandate. Insgesamt schnitten die Pinken so schlecht wie noch nie bei (landesweiten) Gemeinderatswahlen ab. Doch in Kumberg nahe Graz schafften sie 15,7 Prozent. Und in der Studentenstadt Graz haben die Pinken bei der Landtagswahl im Mai durchaus gute Chancen.
Fusionen änderten Wählerstruktur
Überhaupt kann sich jede Partei über etwas freuen. Die ÖVP erobert das zuvor rote Feldbach, das nach der Gemeindefusion das Umland mitumfasst. Umgekehrt nimmt die SPÖ den Wallfahrtsort Mariazell mit einer absoluten Mehrheit ein. Der Ort war vor den Fusionen eine konservative Hochburg. Den größten Zugewinn schafft die „Liste Wenigzell“ in der gleichnamigen Gemeinde im Joglland (Bezirk Hartberg-Fürstenfeld): gleich 43,9 Prozent beim ersten Antreten.
Diese lokalen Besonderheiten machen es noch schwieriger, aus den Gemeindeergebnissen Schlüsse für die Landtagswahl zu ziehen. Ein Warnschuss für SPÖ und ÖVP sind die Ergebnisse aber allemal. Oder wie es Lercher mit Blick auf den 31. Mai formuliert: „Gmahte Wiesen wird das keine.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2015)