Aleksandar Dragović: "Ich kann bei jedem Klub bestehen"

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Aleksandar Dragović, 24, warnt vor EM-Qualifikationsgegner Liechtenstein. Der Kiew-Legionär spricht über Kritik, Wechselgerüchte und sein Faible für Parfums.

Die Presse: Sie bestreiten Ihre zweite Saison bei Dynamo Kiew. In welchem Bereich haben Sie in der Ukraine den größten Fortschritt erzielt?

Aleksandar Dragović: Um ehrlich zu sein habe ich mich im ersten Jahr nicht wirklich weiterentwickelt. Wir haben als Mannschaft nicht gut gespielt, die politisch angespannte Lage hat die Situation nicht einfacher gemacht. Diese Saison läuft es weitaus besser, für mich und für Dynamo. Ich bin als Verteidiger kompromissloser und im Spielaufbau ruhiger geworden.

Wo schlummert das größte Potenzial, das es noch abzurufen gilt?

Ich muss torgefährlicher werden, arbeite täglich im Training daran. Aber Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, so etwas braucht Zeit. Oft rede ich mir noch ein, dass der Ball nicht zu mir kommt, dabei bewege ich mich falsch.

Verfolgen Sie vor einem Spiel bestimmte Rituale, bereiten Sie sich auf Gegenspieler gezielt vor?

Im Grund genommen nicht, mit einer Ausnahme. Vor dem Schweden-Länderspiel habe ich mir von Zlatan Ibrahimović extra Videos zuschneiden lassen. Ich wollte mich noch besser auf ihn vorbereiten. Ibrahimović ist der beste Stürmer der Welt. Technisch beschlagen, robust, groß: Als er in einer Szene mit der Brust den Ball angenommen hat, habe ich den Ball nicht einmal mehr gesehen, weil er ihn so perfekt abgedeckt hat. Gegen ihn zu verteidigen ist verdammt schwer.

Sie vertrauen auf glutenfreie Ernährung. Macht diese Sie fitter?

Ich habe in Basel damit begonnen, bin aber nicht allzu streng mit mir. Ab und zu muss man sich schon einmal eine Pizza gönnen. Aber Ernährung ist definitiv ein wichtiger Faktor. Ich vertraue etwa darauf, jeden Tag Kiwis zu essen. Aber das sind individuelle Empfindungen. Ich fühle mich jedenfalls topfit.

Wie gehen Sie mit Kritik um?

Ich nehme sie mir zu Herzen, wobei es darauf ankommt, wer Kritik übt. Der Teamchef, die eigene Familie – oder die Fans. In Österreich gibt es ja bekanntlich acht Millionen Teamchefs und immer welche, die glauben, alles besser zu wissen. Ich habe es mir abgewöhnt, Zeitungen zu lesen. Nicht, weil ich andere Meinungen nicht akzeptiere, aber weil ich selbst weiß, ob ich gut oder schlecht war.

Ihr größter Kritiker soll Ihr Großvater sein.

Wenn es nach ihm geht, spiele ich sowieso nie gut. Er war mit meiner Leistung noch nie wunschlos glücklich. 90 fehlerfreie Minuten gibt es nicht.

Sie haben in jungen Jahren schon sehr viel Geld verdient. Kennen Sie, ohne nachzusehen, Ihren Kontostand?

Ich habe einen Überblick über meine Finanzen, kontrolliere sie jeden Monat. Aber Geld ist für mich nicht das Wichtigste, damit lässt sich Gesundheit nicht kaufen.

Welchen Luxus gönnen Sie sich?

Männer mögen Autos und schöne Kleidung, dafür gebe ich gern auch etwas Geld aus. Aber ich bin niemand, der Unmengen verprasst. Dafür bin ich ein Freak, was Parfums angeht, liebe auch Body Lotions. Wenn ich in der Kabine ein gutes Parfum eines Kollegen rieche, muss ich es sofort kaufen. Ich könnte mittlerweile schon eine Parfumerie aufmachen. Also wenn die Fußballerkarriere irgendwann ein Ende nimmt, weiß ich schon, was zu tun ist.

Ihr Vertrag in Kiew läuft noch bis 2018, Gerüchte über einen möglichen Wechsel in eine Topliga reißen nicht ab. Inwiefern beschäftigen oder gar belasten Sie derartige Meldungen?

Ich müsste lügen, würde ich behaupten, so etwas schwirrt nicht im Hinterkopf herum. So etwas lässt mich nicht kalt. Aber so lang kein konkretes Angebot auf dem Tisch liegt, brauche ich mich damit nicht näher auseinandersetzen.

Haben Sie schon einmal recherchiert, wie lang die Innenverteidiger bei Manchester United oder Arsenal Verträge haben?

Noch nicht, aber das könnte ich in Zukunft (lacht). Nein, im Ernst: Ich weiß, welche Leute bei den Topklubs in der Verteidigung spielen, wie die Konkurrenzsituation aussehen würde. Aber bevor ich den Transfermarkt intensiv studiere, kaufe ich lieber noch neue Parfums.

Gibt es einen Verein, den Sie sich mit ihren momentanen Qualitäten noch nicht zutrauenwürden?

Ich traue mich zu sagen, dass ich in jeder Mannschaft bestehen könnte und gleichzeitig noch viel Luft nach oben habe. Das macht mir Mut.

Am Freitag treffen Sie mit dem ÖFB-Team in Vaduz auf Liechtenstein. Drei Punkte erscheinen auf dem Weg zu einer erfolgreichen EM-Qualifikation Pflicht.

Heute gibt es keinen Gegner mehr, bei dem man 8:0 im Vorbeigehen gewinnt. Wenn wir in Liechtenstein bestehen wollen, wird jeder von uns 100 Prozent abrufen müssen. Mit 90 Prozent werden wir keine Punkte holen. Liechtenstein hat zuletzt mit dem Sieg gegen Moldau gezeigt, was es zu leisten imstande ist. Wir sind gewarnt.

ZUR PERSON

Aleksandar Dragović, 24, wechselte im Sommer 2013 für neun Millionen Euro vom FC Basel zu Dynamo Kiew – bis heute die Rekordablöse für einen Österreicher. Der Innenverteidiger begann seine Karriere bei der Austria und ging nach 67 Bundesligaspielen im Februar 2011 in die Schweiz, wo er dreimal in Folge Meister wurde.

In der Nationalmannschaft debütierte Dragović unter Dietmar Constantini im Juni 2009 gegen Serbien. Bis dato hält er bei 35 Einsätzen und einem Treffer.

Freitag: Liechtenstein – Österreich (20.45 Uhr, ORF eins), Moldau – Schweden, Montenegro – Russland.

Bisher gespielt: Österreich – Russland 1:0, Moldau – Liechtenstein 0:1, Montenegro – Schweden 1:1, Russland – Liechtenstein 4:0, Österreich – Schweden 1:1, Montenegro – Moldau 2:0, Liechtenstein – Montenegro 0:0, Moldau – Österreich 1:2, Schweden – Russland 1:1, Österreich – Montenegro 1:0, Russland – Moldau 1:1, Schweden – Liechtenstein 2:0.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2015)

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