Steuerbetrug: Wirten drohen zehn Jahre Nachzahlungen

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Die Registrierkassenpflicht könnte auch ans Tageslicht bringen, wer bisher Abgaben hinterzogen hat. In diesen Fällen dürfen Behörden die vergangenen zehn Jahre aufrollen und Strafen verhängen. Außer es gibt eine Amnestie.

Wien. Während die Regierung mit der Registrierkassenpflicht mehr Steuerehrlichkeit erreichen will, laufen Wirte und Gastronomen dagegen Sturm. Das könnte nicht nur mit der Überwachung und der Furcht zu tun haben, künftig mehr Steuern abliefern zu müssen. Sondern auch mit der Angst, nachzahlen zu müssen. Wäre es doch auffällig, wenn nach Einführung der Registrierkassenpflicht die jährlichen Umsätze in die Höhe schnellten.

„Die Frage ist tatsächlich, was passiert mit der Vergangenheit“, sagt Finanzrechtsprofessor Werner Doralt. Bis zu zehn Jahre könne man bei einer Abgabenhinterziehung nachfordern. „Und davor haben die Gastwirte besonders Angst“, meint Doralt. Das könnte existenzbedrohend für kleine Wirte werden, meint der Finanzexperte.

Möglich wäre ein Amnestiegesetz. Hinter den Kulissen soll über solche Regelungen sogar schon diskutiert worden sein, um Wirten die Angst vor großen Nachzahlungen zu nehmen. Eine Amnestie sei nach jetzigem Stand aber nicht geplant, heißt es aus dem Kabinett von Finanzminister Hans Jörg Schelling zur „Presse“. Im relevanten Ministerratsvortrag vom 17. März finden sich dafür auch keinerlei Anhaltspunkte. Die genaue legistische Umsetzung der Registrierkassenpflicht werde aber erst bis Ende Mai erfolgen, heißt es aus dem Ministerium.

„Dann werden sich Fragen stellen“

„Wenn jemand bisher 50.000 Euro Umsatz erklärt hat und dann 150.000, dann werden sich berechtigte Frage stellen“, sagt Reinhard Rindler, Experte der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft BDO. Nun könne ein Unternehmer Umsatzsteigerungen in einigen Fällen plausibel erklären, etwa indem man neue Absatzmärkte oder neue Geschäftsfelder nachweisen kann, sagt Rindler. Ohne gute Erklärung sei es aber sehr wohl möglich, dass die Finanz die Sache genauer prüft.

Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist sechs Jahre (fünf plus ein Jahr, das dazukommt, wenn die Behörde Amtshandlungen zur Geltendmachung der Steuern gesetzt hat, was im Regelfall so sein wird). Hat jemand aber nicht aus Versehen, sondern bewusst zu wenig Steuern abgeführt, verlängert sich die Verjährungsfrist auf zehn Jahre. Neben Nachzahlungen (Einkommensteuer, Umsatzsteuer) samt Verzugszinsen kann dann auch noch eine Strafe dazukommen. Die (verwaltungsstrafrechtlichen) Sanktionen können grundsätzlich bis zum Doppelten des hinterzogenen Betrags gehen. In drastischen Fällen wird die Steuerhinterziehung sogar ein Fall für den Staatsanwalt.

Wer, bevor die Behörde von den neuen Umsätzen erfährt und Verdacht wittert, Selbstanzeige erstattet, muss keine Strafe fürchten. Die Nachzahlung bleibt einem freilich nicht erspart.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Steuernachzahlungen Gastronomen in ihrer Existenz bedrohen. So wurde Ende der 1990er-Jahre ein Netz an Betrügereien mit Bier aufgedeckt. Nicht wenige Wirte hatten nur die Hälfte des Biers von der Brauerei auf Rechnung gekauft. Die andere Hälfte wurde eingekauft, ohne sie zu verbuchen – und schwarz ausgeschenkt. Als der Fiskus draufkam, setzte es Strafen und Nachzahlungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2015)

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