Ein Elefant und eine seltsame Allianz

Dies ist nicht der Elefant des Kalifen.
Dies ist nicht der Elefant des Kalifen.EPA
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Der Kalif von Bagdad sendet dem Herrscher des Abendlandes einen Elefanten als Gastgeschenk. Über eine merkwürdige islamisch-europäische Konstellation vor 1200 Jahren.

Es war eine ungemein strapaziöse Reise. Doch schließlich erreichte sie doch ihr Ziel: 797 nach Christus konnte der fränkische Herrscher Karl, der als Karl der Große in die Geschichtsbücher eingehen sollte, endlich das Geschenk begutachten, das ihm aus dem Orient zugesandt worden war und den Namen Abu'l-Abbas trug. Es war ein Elefant.

Er hatte die Reise im Unterschied zu zweien seiner menschlichen Begleiter, die während der langen Reise verstorben waren, unbeschadet überlebt und erregte in der Residenz von Aachen gebührendes Aufsehen. Nach Hannibals sagenumwobenen Feldzug über die winterlichen Alpen war dies der erste Elefant, den es so weit in den Norden verschlug. Das Tier lebte noch bis 810 und verstarb in Lippenheim, sein Besitzer, inzwischen gekrönter Kaiser, überlebte ihn um vier Jahre. Der Absender des Geschenkes, ein Herrscher aus dem Morgenland, war inzwischen auch schon tot.

Der Elefant markiert eine interessante weltpolitische Konstellation, nämlich den Kontakt, den der abendländische Herrscher zu Harun al-Raschid, dem Kalifen von Bagdad, der die Idee zu diesem Geschenk hatte, knüpfte. Die beiden Herrscher waren die wichtigsten imperialen Größen ihrer Zeit. Wenn so hochrangige Herren sich Freundschaftsdienste leisten, stehen in der Regel strategische Interessen dahinter.

Der Kalif von Bagdad, er stammte aus dem Geschlecht der Abbasiden, erhob den Anspruch, der Herr der Muslime weltweit zu sein, doch eben das stellten die Umajjaden-Emire von Cordoba, die Herren von al-Andalus, infrage. Karl, der sich im Kampf gegen die Mauren eine blutige Nase geholt hatte und die Muslime aus Europa hinausdrängen wollte, versuchte diese Spaltung der islamischen Welt für seine Zwecke zu nutzen und suchte daher den Dialog mit Harun. Kulturelle Arroganz war den beiden Mächtigen fremd, sie hatten ihre Interessen im Auge, schließlich hatten sie auch noch Konstantinopel, das beide erobern wollten, als gemeinsamen Gegner. Das christliche Aachen und das islamische Bagdad versuchten eine strategische Koalition gegen das christliche Byzanz und das islamische Cordoba. Ein Clash of Civilizations, der so manche These von Samuel Huntington über den Haufen wirft.


[KPDFP]


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