Etwas schematisches Oldies-Stück

ARCHIVBILD: FOTOPROBE - 'SCHON WIEDER SONNTAG'
ARCHIVBILD: FOTOPROBE - 'SCHON WIEDER SONNTAG'(c) APA/ERICH REISMANN
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Starker Applaus für „Schon wieder Sonntag“ von Bob Larbey: Otto Schenk und Harald Serafin begeistern als alte Herren. Helmuth Lohner hat einfühlsam inszeniert.

Wie könnte ein originelles Seniorenstück aussehen? Nein, bitte nicht „Lear“, zu deprimierend! Dustin Hoffman, dem ein untrüglicher Instinkt für Stoffe und ihre richtige Umsetzung eigen ist, hat 2012 erstmals bei einem Film Regie geführt: „Quartett“ ist eine Variation des Komödienklassikers „Mich hätten Sie sehen sollen“. Eine herrliche Schauspielerriege, an der Spitze Maggie Smith, erfreut mit der Geschichte ehemaliger Opernstars, die ihr Altersheim in einem englischen Landhaus mit einer Gala vor dem Ruin retten wollen.

Die Zeiten ändern sich. Ältere Herrschaften, die das Wort rüstig als Beleidigung auffassen würden, reisen um die Welt, spielen Golf – und gingen noch öfter ins Theater, wenn es mehr amüsanten Stoff mit Esprit gäbe. Wenn man älter wird, will man sich eventuell nicht mehr mit den Trübseligkeiten vieler Klassiker und moderner Werke befassen. Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken, aber auch um sich mit „Hamlet“ nach Sein oder Nichtsein zu fragen. Man weiß, in absehbarer Zeit wird man nicht mehr sein – und wer weiß, was einem vorher noch alles passiert, das ist womöglich bedrohlicher als das tatsächliche Ende. „Schon wieder Sonntag“ vom Briten Bob Larbey (1934–2014), seit Donnerstagabend in den Kammerspielen zu sehen, gehört zu den Fließbandlustspielen aus dem angelsächsischen Raum, denen man anhört, dass sie schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Man könnte diese Art Stücke wenigstens etwas mehr bearbeiten, aufpolieren, modernisieren. Das unterblieb.

Es ist kein großer Schaden, weil mancher betagte Witz, vor allem über Frauen, zu den betagten Protagonisten passt. Aber etwas mehr Aufmerksamkeit für die Feinzeichnung, die Aktualisierung von Details würde dem Theater in der Josefstadt nützen – bei einem Publikum, das zwar nicht jung, aber intelligent ist. Übrigens ist es bemerkenswert, dass bei der Kammerspiel-Premiere Jüngere nicht nur anwesend waren, sondern sich auch sichtlich amüsierten. Umso mehr wäre es der Mühe wert, Ideen zu entwickeln. Die Kammerspiele haben in den vergangenen Jahren stark gewonnen, jetzt ist es Zeit, für den nächsten Schritt: aufs Zielpublikum zu.

Serafin beherrscht auch das Tragische

„Schon wieder Sonntag“: In einem Seniorenheim für Bessergestellte leben der ruppige Cooper und der elegante Aylott, sie reden, vorzugsweise über ihre Gebrechen, sie trinken Whisky und spielen Schach. Coopers Liebling ist die hübsche Krankenschwester Wilson (charmant: Hilde Dalik). Jeden ersten Sonntag im Monat besucht ihn seine Tochter mit ihrem Mann, der Enkel kommt nicht mehr, weil der Opa zu grausige Geschichten erzählt. Tochter und Mann sind desinteressiert, irritiert über den weiten Weg und den vielen Verkehr. Cooper ist im Grunde froh, wenn die Angehörigen wieder weg sind. Echte Sorgen bereitet ihm jedoch, dass die Krankenschwester heiraten will – und leider nicht ihn, sondern einen Drucker der „Times“.

Otto Schenk spielt den grantigen Cooper, der unglaubliche Textmengen hat, ohne Hänger und mit bezaubernder Bravour. Die Pointen sitzen, noch im beiläufigsten Gebrabbel, von dem das Stück einiges enthält. Kürzungen im ersten Teil hätten nicht geschadet. Schenk balanciert sich und seine Pantoffeln, wirft und fängt Weingummi. Er hat viele komische Momente mit seinem tollen „Slow-Slapstik“, falls es das gibt. Er zeigt aber auch die Tragik eines Menschen, dessen lebhafter Geist unter der wachsenden Gebrechlichkeit des Körpers leidet.

Die Überraschung des Abends ist Harald Serafin: Als eloquente Frohnatur, als Sir mit Sektglas bekannt, berührt er stark als grimmig-humorvoller Aylott, der panische Angst vor Alzheimer hat. Helmuth Lohner hat mit Wissen um die Gaben aller Akteure inszeniert. Die Befürchtung, es könnte sich bei der Konstellation Schenk/Lohner/Serafin um ein Insiderunternehmen routinierter Oldies handeln, erweist sich als haltlos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2015)

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