Ein Ostern ohne Bischof: Graz versucht business as usual

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Der Grazer Diözesanadministrator Heinrich Schnuderl verzichtet auf die Leitung der liturgischen Feiern am Karfreitag und in der Osternacht.

Graz/Wien. Der Bischofsstuhl im Grazer Dom bleibt frei. Auch und gerade in der wichtigsten Zeit des Kirchenjahres, am Gründonnerstag, heute, am Karfreitag, und vor allem in der Osternacht. Und das, obwohl zuletzt mehrere Bischöfe für die Nachfolge vorstellig geworden sind. Oder gerade deshalb?

Kardinal Christoph Schönborn, der Grazer Altbischof Egon Kapellari und zuletzt Salzburgs Erzbischof, Franz Lackner, haben sich nicht für irgendeine Entscheidung ausgesprochen, auch nicht für unterschiedliche Kandidaten, sondern für einen speziellen Mann: für Hermann Glettler. Er fungiert als Pfarrer in der Grazer Multikulti-Gemeinde Gries und genießt als geschäftsführender Vorsitzender des Priesterrats großes Vertrauen unter seinen Klerikerkollegen. Alle Fürsprachen für ihn waren bisher erfolglos. Gut möglich, dass die Mitglieder der Bischofskongregation derartiges als Versuch missbilligen, Druck auf sie auszuüben. Noch dazu, wo es zunächst keinen korrekten Dreiervorschlag gegeben haben soll. Erst jüngst ist dieser von Nuntius Peter Stephan Zurbriggen in den Vatikan gesendet worden. Glettler hat aber nicht nur wichtige Fürsprecher – sondern auch Gegner. Die Kunstinstallationen, die er in seiner Kirche zulässt, sind manchen zu gewagt. Bilder davon sollen den Weg zur Kurie gefunden haben.

Mittlerweile versucht Heinrich Schnuderl business as usual. Das Arbeitspensum, das ihm abverlangt wird, ist nicht zu unterschätzen. Nach der Annahme des Rückzugs des 79-jährigen Bischofs Egon Kapellari am 28. Jänner leitet, besser: verwaltet er die nach Wien und Linz drittgrößte Diözese Österreichs. Bis Franziskus einen Bischof ernennt.

Gestern, Gründonnerstag, Abend hat Schnuderl die Messe vom letzten Abendmahl mit Fußwaschung geleitet. Aber er weigert sich – aus Demut vor dem Bischofsamt, wie es aus seiner Umgebung heißt –, auch den Gottesdiensten am Karfreitag und in der Osternacht vorzustehen – wie das sonst jeder Bischof an seinem Sitz tut. An diesen Tagen wird der 82-jährige Dompfarrer Gottfried Lafer „einspringen“. Schnuderl selbst feiert erst wieder am Ostersonntag im Grazer Dom das Hochamt. Am Gründonnerstag hat Schnuderl alle Anspielungen auf die Sedisvakanz vermieden. Dabei hat er die Fußwaschung als die Predigt Jesu zur Deutung dessen ganzen Lebens bezeichnet.

„Dreck nicht scheuen“

Schnuderl, ganz nach den Vorgaben des Papstes, der zu verständlicher Sprache in Predigten drängt: „Heute hören wir die Forderung für gelingende Begegnung, sie müsse auf Augenhöhe stattfinden. Jesus geht weiter: Fußwaschung auf Augenhöhe ist nicht möglich. Wer rein machen will, darf Dreck nicht scheuen. Jesus hat das Gottesbild umgedreht. Er kniet sich vor den Menschen nieder.“

Übrigens: Militärbischof Christian Werner hat im Herbst 2013 aus gesundheitlichen Gründen um Rücktritt gebeten. Bis heute wartet er auf Antwort. Und am 4. Juni muss der dann 75-jährige Linzer Bischof Ludwig Schwarz einen Brief an Santo Padre schreiben. Die Antwort kann dauern . . .

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2015)

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