Noch mehr Strenge für Grapscher

Gabriele Heinisch-Hosek
Gabriele Heinisch-Hosek(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek pocht auf die Änderungen im Strafrecht. Sexuelle Belästigungen sollen kriminalisiert werden, nicht aber harmlose Umarmungen.

Wien. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek pocht darauf, dass die geplanten Änderungen im Sexualstrafrecht auch tatsächlich umgesetzt werden. Der von Justizminister Wolfgang Brandstetter ausgeschickte Gesetzesentwurf war ja bei Strafrechtlern auf Kritik gestoßen. Der neue Paragraf 218 („Sexuelle Belästigung und öffentliche geschlechtliche Handlungen“) sei zu unbestimmt formuliert. Auch Umarmungen könnten darunter fallen.

Heinisch-Hosek dementiert zwar, dass sie die Formulierung ins Gesetz hineinreklamiert habe – „das Justizministerium hat unseren Vorschlag umformuliert“ –, sie ist aber mit dem Gesetzesentwurf zufrieden. Es gehe nicht um Umarmungen oder um die Anbahnung einer Liebesbeziehung, sondern um körperliche sexuelle Belästigungen. Und die seien bisher vom Strafrecht nicht erfasst. Die Frauenministerin will nun verhindern, dass der Passus wieder aus dem Gesetzesentwurf gestrichen wird.

Unterstützung erhält sie von Katharina Beclin, Assistenzprofessorin am Institut für Strafrecht an der Universität Wien: Sie kann die Befürchtungen ihrer männlichen Kollegen, dass harmlose Umarmungen zur Begrüßung oder Berührungen beim Tanzen kriminalisiert werden könnten, nicht teilen. „Gerade beim Tanzen kommt man etwa einer Aufforderung nach und nimmt die Tanzhaltung ein.“ Sie verwies aber darauf, dass auch eine Umarmung in Extremfällen Belästigung sein kann.

Straffreier Klaps auf den Po

Beclin schlägt auch vor, dass der Gesetzesentwurf in einzelnen Punkten nachgeschärft wird. So sei die Formulierung zu eng gefasst, wonach nur jene Handlungen unter den Tatbestand fallen, die „gleichwertig mit einer geschlechtlichen Handlung“ sind. Ein „Klaps auf den Po“ wäre damit unter Umständen noch gar nicht erfasst. Beclin forderte daher bei einem Hintergrundgespräch im Frauenministerium die Bezeichnung „nahekommend“ statt „gleichwertig“. Sie wird ihre Position in einer Stellungnahme im derzeit laufenden Begutachtungsverfahren einbringen.

Den geplanten Strafrahmen von sechs Monaten Haft oder einer Geldstrafe von 360 Tagsätzen hält die Juristin für angemessen. Klar sei, dass diese Fälle oft in einer Diversion geklärt werden. Sie verwies aber auf den bewusstseinsbildenden Effekt, dass ein körperlicher Übergriff auf eine andere Person mit einem Belästigungsvorsatz nicht toleriert werden könne und in das gerichtliche Strafrecht gehöre. Das Gesetz habe hier auch generalpräventiven Charakter.

Ein weiterer Kritikpunkt am neuen Strafrecht betrifft Gewaltdelikte in der Beziehung, bei denen es künftig nicht mehr die Möglichkeit eines außergerichtlichen Tatausgleichs geben soll. Die geplante Änderung kritisieren nicht nur Experten aus der Bewährungshilfe, auch Frauenministerin Heinisch-Hosek will die Möglichkeit der Diversion beibehalten und wird dabei von Vertreterinnen von Frauenhäusern unterstützt: Es gebe Fälle, in denen Diversion in diesem Bereich sinnvoll eingesetzt werden könne.

Untreue-Regelung reformieren

Eine Änderung im Gesetzesentwurf wünscht sich SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim: Die Untreue-Regelung müsse konkretisiert werden. In der Wirtschaft herrsche „erhebliche Verunsicherung“, welches Handeln als Untreue strafbar ist. Es müsse abgegrenzt werden, was getan werden kann und was nicht getan werden darf.

Im Prinzip geht es ihm darum, „dass nur mehr wirklich unvertretbare Entscheidungen von Vorständen oder Geschäftsführern strafrechtlich geahndet werden“. Auch die internen Regelungen der Unternehmen müssten so angepasst werden, dass sie den Geschäftsführern und Vorständen genug Spielraum für vernünftige und rasche Entscheidungen lassen. Denn es liege in der Natur der Sache, dass unternehmerische Entscheidungen mit Risken behaftet sind.

Derzeit sei alles, was gegen zivilrechtliche Vorgaben verstößt, als Untreue strafbar. So etwa, wenn eine Versicherungsgesellschaft wohlbegründet auf einen ihr zustehenden Regress gegenüber einem Versicherungsnehmer verzichtet, oder wenn ein Vorstand wegen der Abfertigung eines Mitarbeiters, mit dem es eine Auseinandersetzung gibt, einen raschen Vergleich schließt und nicht durch alle Prozessinstanzen geht.

AUF EINEN BLICK

Strafrecht. Nach 40 Jahren soll das Strafgesetzbuch generalerneuert werden. Der Entwurf des Justizministeriums sieht strengere Strafen bei Gewaltdelikten vor, aber auch eine Reduktion des Strafrahmens bei Eigentumsdelikten. Neue Tatbestände wie Cyber-Mobbing werden ins Strafrecht aufgenommen, andere wie der Landfriedensbruch neu gefasst und präzisiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2015)

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