Was Australier und Schweden besser machen

Die Rezepte der Länder mit den nachhaltigsten Pensionssystemen: Australien setzt auf kapitalbasierte Betriebsrenten, Skandinavien auf Automatismen.

Wien. Die Vorbilder liegen auf dem Tisch: Laut Nachhaltigkeitsindex der Allianz haben Australien, Schweden, Neuseeland und Norwegen die nachhaltigsten Pensionssysteme (siehe Grafiken oben). Es folgen die Niederlande und Dänemark. Österreich liegt weit abgeschlagen auf Platz 27 von 50 Ländern. Wer einer Versicherung nicht traut, weil sie Eigeninteresse an privater Vorsorge hat, sei an das Mercer-Ranking der besten Systeme verwiesen: Die Berater kommen zu ganz ähnlichen Ergebnissen. Diese sind zudem in beiden Rankings seit vielen Jahren robust: Stets stechen dieselben fünf Länder heraus.

Was aber macht ein Pensionssystem besonders zukunftssicher? Ein Startvorteil, der für alle diese Länder gilt: Die Geburtenraten sind deutlich höher als in Österreich. Aber Australier und Schweden bekommen nicht nur mehr Kinder, sie gehen auch viel später in Pension als die Österreicher – was sich politisch leichter steuern lässt. In keinem der vier dunkelgrünen Siegerländer schießt der Staat dem System Steuergelder zu. Er legt nur dauerhafte Regeln fest, die der Verlockung populärer Wahlversprechen entzogen bleiben. Australien setzt voll auf eine kapitalgedeckte, verpflichtende Betriebsrente. Die Superannuition-Fonds legen in Aktien und (seit der Finanzkrise vermehrt) in Anleihen an. Auch in Neuseeland spielt betriebliche Vorsorge eine große Rolle. Als soziale Komponente dient eine Mindestpension, die unabhängig vom Einkommen ausbezahlt wird.

An Lebenserwartung gekoppelt

Ein solches System ist freilich nicht nur geografisch so weit wie nur möglich von unserem Umlageverfahren entfernt. Leichter fällt es daher, die Lektion der Schweden anzunehmen. Sie haben 1999 ihr viel zu teures System reformiert, bauen aber weiter stark auf die erste Säule der staatlich organisierten Versicherung. Es gibt kein fixes Pensionsantrittsalter, sondern einen Korridor, innerhalb dessen man selbst entscheiden kann, wann man in den Ruhestand geht. Wer es früher tut, bekommt weniger Pension. Deren Höhe ist an die statistische Restlebenserwartung zum Zeitpunkt des Antritts gekoppelt. Norwegen und Finnland haben den Mechanismus übernommen. In Finnland steigt künftig auch das erste und letzte Jahr des Korridors mit der Lebenserwartung; die Schweden denken in die gleiche Richtung. Eine automatische Anpassung eines fixen Antrittsalters, wie in Österreich diskutiert, gibt es seit 2011 in Dänemark, das seine Pensionsversicherung mit Steuern finanziert.

Die Rentenformel der Schweden berücksichtigt freilich weit mehr. Die Höhe der Pension ist auch an die Entwicklung von Einkommen und Beschäftigung gebunden. Als 2009 die Konjunktur einbrach, sanken also die Pensionen. Dass die Politik daraufhin Zuschüsse aus Steuermitteln beschloss, deuten heimische Gegner oft als Schwäche oder gar Scheitern des schwedischen Modells. Tatsächlich erfolgte die soziale Abfederung aber außerhalb des Systems. Ob sie aktuell leistbar ist, darüber können Parlamentarier von Fall zu Fall nach Herzenslust debattieren. Das Entscheidende aber ist: Das Pensionssystem selbst ist auf Dauer gesichert, auch für die heute noch Jungen – durch eben jene Automatismen, die Österreich Kanzler Faymann als „herzlos“ und „zynisch“ bezeichnet. Für die Schweden aber bleibt alles im dunkelgrünen Bereich. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2015)

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