Teure Pensionen: Wie Bürgermeister Häupl die Steuerzahler täuscht

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PRESSESTATEMENT H�UPL ´BEKANNTGABE DES WAHLTERMINS F�R DEN GEMEINDERAT UND LANDTAG´(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Der Wiener Stadtchef legt sich mit Finanzminister Schelling an: Wiens Beamtenpensionen gingen diesen nichts an – zahlen dürfen aber alle.

Wien. Michael Häupl kann brutal sein: Das bekam zuletzt nicht nur seine grüne Regierungspartnerin Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou beim Wahlrecht zu spüren. Liebster Außenfeind für den Wiener SPÖ-Bürgermeister ist derzeit Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Häupls unmissverständlich getrommelte Botschaft: Schelling solle „Wien gefälligst in Ruhe lassen“, wie er in der U-Bahn-Postille „Heute“ betonte. Unmittelbarer Anlass für die Auseinandersetzung: die Pensionen der Wiener Beamten (und deren Kosten) gingen aus Häupls Sicht den Finanzminister nichts an.

Der Wiener Stadtchef wird schon seit Jahren nicht müde hervorzustreichen, er wolle Pensionseinschnitte der bei der SPÖ verhassten schwarz-blauen Bundesregierung, die bis Jänner 2007 im Amt war, nicht nachvollziehen. ÖVP und FPÖ haben 2004/05 nach harten Verhandlungen mit dem Sanktus der Beamtengewerkschaft unter anderem das schrittweise Auslaufen des Beamtenpensionsmodells für die Bundesbediensteten beschlossen. Wien hat hingegen nach wie vor ein günstigeres, weil mit längeren Übergangsfristen ausgestattetes Pensionssystem für seine Beamten. Für diese gilt auch erst seit Beginn dieses Jahres ein Pensionsalter von 65 Jahren wie für Beamte (Frauen und Männer) im Bundesdienst.

350 Millionen Mehrkosten

Bisher sind alle Bestrebungen der ÖVP in der Bundesregierung, das Wiener Pensionsmodell rascher anzugleichen, am Widerstand von Häupls SPÖ zerschellt. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hat zwar Anfang 2014 deutliche Verschlechterungen für ASVG-Versicherte, Bauern und Gewerbetreibende eingeführt, Wiener Sonderrechte blieben jedoch aufrecht. Erst am vergangenen Samstag hat sich Hundstorfer, der selbst aus dem Beamtenapparat des Wiener Rathauses kommt, im ORF-Radio hinter die Wiener Sonderregelung gestellt, weil diese beispielsweise anders als im Bund keine Hacklerregelung beinhalte.

Faktum ist allerdings, dass der Rechnungshof schon vor Jahren vorgerechnet hat, dass die günstigere Regelung für die Wiener Beamten in Summe langfristig 350Millionen Euro an Mehrkosten verursacht. Für diese Privilegien dürfen letztlich alle österreichischen Steuerzahler im Wege des Finanzausgleichs, mit dem die Steuereinnahmen an Bund, Länder und Gemeinden zugeteilt werden, brav mitzahlen.

Paktierte Zusage nicht eingehalten

Der Wiener Bürgermeister stellt sich mit seiner Aussage, den Finanzminister als Vertreter des Bundes gehe das nichts an, gegen Österreichs Steuerzahler. Wien ist nämlich bei der Umsetzung seiner eigenen Zusagen vertragsbrüchig. Denn im Zuge der Vereinbarung des Finanzausgleichs 2007 wurde in einem Passus auch eine Festlegung der Beamtenpensionen getroffen. Darin haben sich alle Bundesländer, also auch Wien, verpflichtet, eine der Lösung bei den Bundesbeamten „gleichwertige Regelung“ zu treffen. Diese Abmachung zum Finanzausgleich trägt auch die Unterschrift von Häupls Wiener Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ). Der Haken: Sanktionen wurde für den Fall einer Missachtung nicht paktiert, Österreichs Steuerzahler dürfen daher für die Wiener Privilegien weiter zahlen.

Wiens Bürgermeister führte in Boulevardmedien außerdem ins Treffen, Wien habe bei den Frühpensionen erheblich aufgeholt. „Es besteht kein wesentlicher Unterschied mehr zum Bund“, wird Häupl in „Heute“ zitiert. Tatsächlich stieg das durchschnittliche Pensionsantrittsalter der Bundesbeamten nach den jüngsten Daten für 2014 auf 60,9 Jahre. Zum Vergleich: in Wien lag es bisher bei 57,1 Jahren, war also im Schnitt um fast vier Jahre niedriger. Auch das ist ein Grund für die vom Rechnungshof kritisierten Mehrkosten.

(C) DiePresse

Luxuspensionen: Länder säumig

Bei einer weiteren Verschärfung gegen Luxuspensionen im staatsnahen und staatlichen Bereich, die die rot-schwarze Koalition 2014 übrigens unter der Federführung von Sozialminister Hundstorfer vorgenommen hat, hat Wien bisher ebenfalls nicht mitgemacht. Dabei wurden besonders hohe Pensionen etwa bei der Nationalbank oder auch in den Kammern beschränkt. Die Länder wurden aufgefordert, mit einer ähnlichen Regelung mitzuziehen.

In Wien ist das nicht geschehen. Allerdings wird im Büro von Personalstadträtin Sandra Frauenberger darauf aufmerksam gemacht, man sei da schon viel früher dran gewesen. In Wien gebe es seit 2005 eine Begrenzung hoher Pensionen. Freilich sind bei den Luxuspensionen andere Bundesländer säumig, wie aus Meldungen an das Sozialministerium hervorgeht. Länder, in denen heuer gewählt wird, wie Oberösterreich, haben die Bundeslösung aber nachvollzogen. (ett)

PENSIONSVEREINBARUNG

Finanzausgleich. In dem im Oktober 2007 unterzeichneten Finanzausgleich 2008 zwischen Bund, Ländern und Gemeinden wurde auch ausdrücklich eine „finanziell gleichwertige Umsetzung der Pensionsreform“ festgeschrieben. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) macht diesbezüglich Druck. Wiens Bürgermeister, Michael Häupl (SPÖ), meint, den Finanzminister gehe das nichts an, obwohl Wien den Pakt 2007 mitunterschrieben hat. Der Rechnungshof bezifferte die Mehrkosten für die Wiener Beamtenpensionen mit bis zu 350 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2015)

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