Facebook-Prozess: „Die Strategie heißt verzögern“

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Ob die Klage gegen das Online-Netzwerk zulässig ist, wird das Wiener Gericht erst in einigen Wochen entscheiden. Ihr Initiator, Max Schrems, ist optimistisch.

Wien. „Die Verhandlung war ganz wie erwartet, Facebook versucht einfach, auf Zeit zu spielen. Inhaltlich hat sich das Unternehmen zu den Vorwürfen noch immer nicht geäußert“, sagt Max Schrems nach dem ersten Prozesstag am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen.

Der 27-jährige Jurist hat eine Sammelklage gegen das Online-Netzwerk in Wien eingebracht. Er fordert, dass Facebook jene Praktiken unterlässt, die er für datenschutzwidrig hält; unter anderem wirft er dem Unternehmen vor, in unrechtmäßiger Weise die Daten seiner User zu sammeln und weiterzugeben. Insbesondere kritisiert er die Teilnahme von Facebook am NSA-Überwachungsprogramm Prism. Auch Schadenersatz macht der Datenschutzaktivist im Verfahren geltend: Für die bisherigen und gegenwärtigen Rechtsverletzungen verlangt Schrems 500 Euro für jeden Nutzer, die sich seiner Klage angeschlossen hat. 25.000 sind es bis dato. Sie alle hoffen nun inständig, dass das Wiener Landesgericht seine Zuständigkeit für diesen Rechtsstreit bejaht und damit das Geschäftsmodell des Online-Netzwerks endlich hierzulande inhaltlich auf den Prüfstand gestellt wird.

Schrems ist jedenfalls überzeugt davon. Als Verbraucher könne er nach EU-Recht eine Klage gegen ein Unternehmen an seinem Heimatgerichtsstand einbringen, argumentiert er. In diesem Fall also in Wien. Ob das wirklich möglich ist, darüber entscheidet Richterin Margot Slunsky-Jost. Doch bis dahin werden noch einige Wochen ins Land ziehen. Sie gestand dem Facebook-Anwalt Nikolaus Pitkowitz bei der gestrigen Verhandlung noch eine Frist von drei Wochen zu, um weitere Dokumente vorzulegen. Die Kläger wiederum haben dann genauso viel Zeit, um darauf zu reagieren.

Max Schrems kein Verbraucher?

Doch wie auch immer ihr Urteil ausfallen wird, gewiss ist, dass es eine der Parteien beim Oberlandesgericht Wien bekämpfen wird. Die Anwälte von Facebook bestreiten nämlich vehement, dass Schrems in Wien klagen könne. Sie führen ins Treffen, Schrems sei gar kein Verbraucher. Vielmehr verdiene er mit dem Kampf für den Datenschutz Geld, was der Klage entgegenstehe. „Diese Vorwürfe sind hilflose Versuche, mir ein kommerzielles Interesse zu unterstellen. Das überrascht mich nicht“, sagt Schrems.

Facebook käme ein Verfahren in Wien auch aus einem anderen Grund ungelegen: Nachdem Schrems 2013 eine Beschwerde bei der irischen Datenschutzbehörde eingebracht hat, sind seine Vorbringungen nun auch beim EuGH gelandet. Nach Meinung von Rechtsanwalt Pitkowitz handle es sich bei diesem Verfahren um ein Zivilverfahren. Ein parallel laufender Zivilprozess in Wien könne dazu führen, „dass zwei widersprüchliche Entscheidungen gefällt werden“.

Bei dem Verfahren vor dem EuGH müssen die Richter darüber entscheiden, ob sich der irische High Court auf das „Safe Harbour“-Abkommen verlassen muss oder selbst neue Ermittlungen anstellen kann. Besagtes Abkommen basiert auf einer Entscheidung der EU-Kommission aus dem Jahr 2000. Demnach können sich US-Unternehmen quasi selbst bescheinigen, dass sie ein angemessenes Datenschutzniveau einhalten. Ob das tatsächlich zutrifft, überprüft die US-Handelsbehörde FTC aber nicht. Mit einem Urteil ist in drei bis sechs Monaten zu rechnen.

Auf einen Blick

Der Jurist und Datenschutzaktivist Max Schrems brachte im August 2014 gegen Facebook eine Sammelklage in Wien ein. Er wirft dem Online-Netzwerk zahlreiche Datenschutzverletzungen vor. Gleichzeitig klagt er das Unternehmen auf Schadenersatz, allerdings nur in symbolischer Höhe von 500 Euro für jeden Nutzer, der sich der Klage angeschlossen hat. Insgesamt haben ihm 25.000 User ihre Ansprüche abgetreten. Facebook bestreitet die Zuständigkeit des Wiener Gerichts. Die Entscheidung darüber wird in einigen Wochen gefällt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2015)

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