Statistik: Wenig Wettbewerb auf Schiene

(c) Fabry Clemens
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Die Wettbewerbsintensität bei der Bahn ist im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich, zeigt ein Bericht des Schienen-Regulators.

Wien. Die Eisenbahn ist jener Bereich der Wirtschaft, der in ganz Europa noch am stärksten von den staatlichen (Ex-)Monopolisten dominiert wird. Daher verwundert es nicht, dass auch in Österreich die ÖBB sowohl beim Personen- als auch beim Güterverkehr den überwiegenden Anteil des Marktes auf sich vereinen können. Doch auch im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ist der Wettbewerb in Österreich unterdurchschnittlich ausgeprägt. Das geht aus dem „Annual Market Report“, der von den europäischen Schienen-Regulatoren jährlich erstellt und von der Schienen-Control am Donnerstag vorgestellt wurde.

Demnach werden hierzulande zwölf Prozent (die Zahlen beziehen sich auf 2013, sind jedoch die am aktuellsten verfügbaren) des Personenverkehrs von sogenannten Privatbahnen durchgeführt. Als Privatbahn gilt jedoch jedes Unternehmen, das nicht die ÖBB ist. Also auch Schienenverkehrsunternehmen im Besitz der Länder oder Gemeinden. Wie viel vom Verkehr auf wirklich mehrheitlich Private – etwa die Westbahn – entfällt, könne man nicht sagen, so Schienen-Control-Chefin Maria-Theresia Röhsler. Dies unter anderem, weil man von der Westbahn gebeten wurde, die Zahlen nicht bekannt zu geben.

Im Güterverkehr liegt Österreich hinten

Im Schnitt der 17 miteinander verglichenen Länder liegt der Anteil der Privaten bereits bei 30 Prozent. Allerdings wird dieser Schnitt sehr stark von Großbritannien (99 Prozent) und Polen (53 Prozent) nach oben getrieben. Deutschland oder Dänemark haben ebenfalls zwölf Prozent Marktanteil für alternative Anbieter. In Finnland oder Spanien sind es noch null Prozent.

Ähnlich ist die Situation beim Güterverkehr. Auch hier liegt Österreich mit 19 Prozent unter dem Schnitt von 32 Prozent. Hier liegt aber der Großteil der anderen Länder deutlich vor Österreich. So sind es in Deutschland etwa 33 Prozent oder in Frankreich 36 Prozent für die Alternativen.
Die Österreicher scheint diese Dominanz der ÖBB beim Bahnfahren bislang jedoch nicht zu stören. Mit 1425 Bahnkilometern pro Einwohner und Jahr liegen sie erstmals vor den Franzosen (1367 Kilometer) an zweiter Stelle. Nur die Schweizer liegen mit 2430 Kilometern noch deutlich darüber.

Ein Grund für diese Freude am Bahnfahren könnte in den im Vergleich verhältnismäßig niedrigen Kosten liegen. So betragen die durchschnittlichen Reisekosten im Personenverkehr in Österreich 5,9 Cent je Kilometer. Das ist deutlich unter dem Schnitt von zehn Cent, aber auch unter dem Wert von Deutschland (8,9 Cent) oder Spanien (8,2 Cent). In Großbritannien liegen diese Kosten sogar bei 15,6 Cent je Kilometer.

Enthalten ist in diesen Kosten laut Röhsler der Ticketpreis, der von den Kunden gezahlt werden muss, und jene Leistungen des Staates, die direkt in den Absatzbereich fallen – also etwa „gemeinwirtschaftliche Leistungen“ wie die Schülerfreifahrt. Nicht enthalten sind jedoch die Zahlungen für den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur. Diese werden zwar in den meisten Ländern vornehmlich vom Staat getragen, allerdings gibt es in den Ländern unterschiedliche Deckungsgrade durch die vom Absatzbereich bezahlte Schienenmaut. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2015)

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