Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek kann sich vorstellen, über Mehrarbeit für Lehrer zu reden.
Wien. Beruhigung – wie sie sich Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) gestern vor Journalisten wünschte – sieht anders aus: Sollte die Regierung die Unterrichtsverpflichtung der Lehrer um zwei Wochenstunden erhöhen wollen, wie tags zuvor kolportiert, muss sie mit ziemlichem Gegenwind rechnen: „Wenn sich das wirklich konkretisiert, werden wir uns mit allen Mitteln zur Wehr setzen“, droht der oberste Lehrervertreter, Paul Kimberger. Sein AHS-Kollege Eckehard Quin legt noch eines drauf: „Wenn die Regierung diesen Kurs einschlagen will, gibt es Krieg. Den kann man gewinnen oder verlieren – aber das ist inakzeptabel.“
Befeuert wurde diese Aufregung, die nach Medienberichten entstanden war, durch die Ministerin selbst: Sie könne sich prinzipiell eine „Neubewertung“ des alten Vorschlags zur Anhebung der Unterrichtsverpflichtung für Lehrer vorstellen, sagte Heinisch-Hosek gestern vor Journalisten. „Reden kann man über alles.“ Von konkreten Gesprächen sei man zwar weit entfernt – und die Idee komme jetzt auch gar nicht aus ihrem Ressort. Auch der öffentliche Dienst müsse aber einen Beitrag zur Erfüllung des Finanzrahmens leisten.
Und die Ministerin bestätigte: Würden alle Lehrer pro Woche zwei Stunden mehr unterrichten, wären ihre Geldprobleme gelöst: Laut einer bereits vor einigen Jahren erstellten Berechnung spare jede zusätzliche Unterrichtsstunde jährlich 150 bis 180 Millionen Euro, zwei Stunden also bis zu 360 Millionen Euro. Die Budgetlücke des Bildungsressorts – entstanden durch strukturelle Unterbudgetierung, wie betont wird – beträgt rund 340 Millionen.
Das Finanzressort macht keine Anstalten, hier in die Bresche zu springen. Im Bildungsministerium gibt es aber kaum Spielraum für Einsparungen: Die knapp acht Milliarden Euro Budget pro Jahr sind zum größten Teil nicht variabel (siehe Grafik unten). Mehr als 80 Prozent des Budgets fließen in Lehrergehälter. Insofern ist es also nicht unlogisch, dass die Ministerin darüber reden will.
Schmied scheiterte fulminant
Was das politisch bedeuten kann, müsste ihr bewusst sein: Immerhin scheiterte ihre Vorgängerin Claudia Schmied (SPÖ) vor fünf Jahren mit genau dieser Idee von den zwei Mehrstunden – und erholte sich von dieser Niederlage nie mehr so richtig. Nach erbosten Reaktionen der Lehrer ließ die Regierungsspitze – inklusive Kanzler Werner Faymann (SPÖ) – Schmied im Regen stehen. Der Vorschlag wurde eingemottet.
Darin, umstrittene Vorhaben gegen die Gewerkschaft durchzuboxen, hätte Heinisch-Hosek jedenfalls Erfahrung. Beim neuen Lehrerdienstrecht war letztlich sie als Beamtenministerin die treibende Kraft. Das neue Dienstrecht sieht übrigens eine höhere Unterrichtsverpflichtung vor – es ist aber auch in den nächsten Jahren für Junglehrer nur optional.
Bleibt die Frage, ob die Regierungsspitze hinter der Ministerin stehen würde. Im Kanzleramt will man die aktuelle Debatte nicht kommentieren. Es gebe aber ganz grundsätzlich keinen Anlass, davon auszugehen, dass der Kanzler nicht mit der Ministerin an einem Strang ziehe. (beba/APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2015)