"Eine Mafia mit Staat": London warnt vor Reisen nach Kroatien

(c) REUTERS (Francois Lenoir)
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Ein Bericht der BBC prangert Korruption und Organisierte Kriminalität in Kroatien an. Das britische Außen-Ministerium spricht von einer "grundlegenden Bedrohung". Kroatien ist "entsetzt".

Die Versäumnisse der kroatischen Sicherheitsbehörden beim Kampf gegen die Organisierte Kriminalität könnten sich nun auch fatal auf den wichtigsten Devisenbringer des Landes, die Tourismusindustrie, auswirken.

Kurz vor dem Beginn der Sommersaison hat die britische Regierung ihre Bürger vor der latenten Gefahr durch Terrorismus und Organisierte Kriminalität in dem Land gewarnt. Der öffentlich-rechtliche britische Rundfunksender BBC kommt in einer Reportage über das Balkanland gar zum Schluss, dass "der Fluch von Kriminalität und Korruption" über Kroatien liege.

"In Kroatien gibt es eine grundlegende Bedrohung durch Terrorismus und Organisierte Kriminalität. Anschläge können wahllos stattfinden, auch an Orten, die von Ausländern frequentiert werden", heißt es in den kürzlich aktualisierten Reisehinweisen des britischen Außenministeriums. Grundsätzlich habe Kroatien aber eine geringe Kriminalitätsrate und es gebe wenig Gewaltverbrechen.

Keine Warnung in Österreich

In den Reisehinweisen des österreichischen Außenamts - sie beginnen übrigens mit einem Hinweis auf kroatische Zeitungsberichte, wonach die Küste zu den "saubersten Küstenbereichen der Adria" zähle - findet sich kein Hinweis auf eine erhöhte Anschlagsgefahr. "Kroatien ist grundsätzlich als sicheres Reiseziel zu bewerten. Die Kriminalitätsrate ist sehr niedrig", schreibt das Wiener Außenamt. Eine Gefahr gehe aber in gewissen Regionen von noch nicht entfernten Landminen aus dem Kroatien-Krieg (1992-95) aus.

Anschlagsserie im Herbst

Im vergangenen Oktober wurde das Land von zwei Morden im Mafia-Stil erschüttert. Der Chef der Wochenzeitung "Nacional" Franjo Pukanic starb gemeinsam mit seinem Marketingchef Niko Franjic bei einem Autobombenanschlag inmitten von Zagreb.

Zwei Wochen davor wurde ebenfalls im Zentrum von Zagreb am helllichten Tag die 26-jährige Ivana Hodak erschossen, die Tochter des Anwalts des umstrittenen Ex-Verteidigungsminister Vladimir Zagorac. Zvonimir Hodak äußerte daraufhin den Verdacht, dass mit diesem Anschlag verhindert werden sollte, dass Zagorac in dem gegen ihn damals laufenden Gerichtsprozess aussagt. Seine Insiderkenntnisse aus den 1990er Jahren hätten vielen Spitzenpolitikern und -managern unangenehm werden können, hieß es.

Kroatien "über diesen böswilligen Text entsetzt"

Kroatien wehrt sich gegen die britischen Vorwürfe: "Das ist nicht wahr", erklärte Kroatiens Außenminister Gordan Jandrokovic am Donnerstag bei einer Pressekonferenz mit seinem österreichischen Amtskollegen Michael Spindelegger. Man habe den BBC-Bericht studiert, könne ihn aber nicht nachvollziehen. "Wir sind über diesen böswilligen Text entsetzt, der nicht der Wahrheit entspricht."

Es habe zu Ostern in Kroatien bereits mehr Touristen als in den vergangenen Jahren und nicht den geringsten Vorfall gegeben, unterstrich der Außenminister. Es sei bereits  Kontakt mit der britischen Botschaft aufgenommen worden, "um herauszufinden, warum das in dieser Form herausgegeben wurde."

Die Angelegenheit sei umso seltsamer, als Kroatien vor wenigen Tagen der NATO beigetreten sei. "Dafür waren viele Reformen notwendig. Wir verstehen das nicht und wollen, dass objektiv über Kroatien berichtet wird. Unserer Meinung nach steckt eine böse Absicht dahinter", so der Politiker der führenden Regierungspartei HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft).

Wenig Unterstützung für EU-Beitritt

Großbritannien zählt nicht zu den größten Unterstützern eines EU-Beitritts Kroatiens. So pocht London besonders penibel auf die Zusammenarbeit Zagrebs mit dem Haager UNO-Kriegsverbrechertribunal. Ein konservativer EU-Abgeordneter übte kürzlich in einem offenen Brief an den kroatischen Premier Ivo Sanader scharfe Kritik an den Zuständen im EU-Kandidatenland, das in den Bereichen Justiz, Rechtsstaat und Offenheit des Arbeitsmarkts "schlechter als der Durchschnitt der afrikanischen Staaten" dastehe. Roger Helmer forderte aus diesem Grund das Einfrieren der EU-Vorbeitrittshilfen für Kroatien.

(Ag.)

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