Umverteilung: Der rote Robin Hood auf großer Bühne

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Transaktions- und Vermögenssteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer: Der steirische Landeshauptmann Franz Voves fordert eine strukturelle Steuerreform per 2010.

WIEN. Als die ersten Sonnenstrahlen am Donnerstagmorgen Wien erreichen, ist der Dr.-Karl-Lueger-Ring schon fest in steirischer Hand. Auf dem Rathausplatz huschen kurz vor neun Uhr jede Menge Menschen in Dirndln und Lederhosen geschäftig zwischen den Holzhütten umher und treffen die letzten Vorbereitungen. Es gibt Würste und Käse, Gösser-Bier und Schilcher-Wein. Der Steiermark-Frühling wird bis 19.April sozusagen Werbung in Landessache machen.

Drüben, auf der anderen Straßenseite im Café Landtmann, ist die Kost noch eine Spur deftiger, sie wird vom Landesfürsten höchstpersönlich aufgetischt. Franz Voves, blaues Hemd, rote Krawatte, sitzt auf dem Podium, flankiert von zwei Volkswirten namens Thomas Karasek und Markus Marterbauer. Es geht um die Überlegungen für eine „Neue Europäische Wirtschaftspolitik“ (kurz und plakativ: „NEW“), die die steirische SPÖ in so etwas wie einem Manifest zusammengetragen hat. Es hat in der Vorwoche viel Staub aufgewirbelt.

Das Extrastüberl im Landtmann ist nicht nur der Journalisten wegen prall gefüllt. Ganz hinten steht Werner Kogler, Budgetsprecher und steirischer Landessprecher der Grünen. Unmittelbar davor hat die Pressesprecherin des Bundeskanzlers Platz genommen. Und draußen vor den Türen tun die Chefs zweier Teilgewerkschaften so, als hätten sie mit all dem nichts zu tun. Denn Wilhelm Haberzettl (Eisenbahner) und Wolfgang Katzian (Privatangestellte) bemühen sich redlich um einen neutralen Kaffeeplauscheindruck.

Voves genießt die Bühne in der Bundeshauptstadt, seine Ausführungen haben einen emotionalen Begleitton, die Scherze gehen ihm heute besonders leicht von den Lippen. Die Podiumskollegen haben nicht viel zu schwätzen: Marterbauer sagt in einer guten Stunde ein Mal drei Sätze am Stück, Karasek sagt gar nichts. Oder besser: Er kommt nicht dazu.

Der Landeshauptmann verliert sich bisweilen zwischen Pathos und krisenbedingten Alltagsberichten aus dem Heimatland. Seine eigentlichen Forderungen sind nur mühsam herauszuhören. Denn Voves will nach der Tarifreform im heurigen Jahr eine „strukturelle Steuerreform“. Sie soll nach Möglichkeit schon am 1.Jänner 2010 in Kraft treten und folgende Eckpunkte umfassen: Eine Vermögenszuwachssteuer, eine Finanztransaktionssteuer (auf europäischer Ebene) und die Wiederbelebung von Erbschafts- und Schenkungssteuer.

„Marxismus ist unangebracht“

Ins Detail geht der Landeschef nicht, die Ausgestaltung möge eine von der Bundesregierung eingesetzte Steuerreform-Kommission erarbeiten. Lieber sagt er Sätze wie: „Die Zeit des Egoismus und der Gier sollte nun vorbei sein.“ Oder: „Ich appelliere an die Reicheren, jetzt mehr Solidarität zu zeigen.“

Wenn es um die Kritik an seinem Programm geht, die vergangene Woche auch oder speziell aus der eigenen Partei laut wurde, dann spricht der Landeshauptmann in der dritten Person von sich: „Franz Voves steht zur freien Marktwirtschaft“, sagt er. „Marxismus oder so was ist völlig unangebracht. Dass Voves Reverstaatlichungen will, ist an den Haaren herbeigezogen.“ Überlegungen in diese Richtung würden sich bloß auf den Bereich Daseinsvorsorge beschränken.

In einem Punkt fühlt sich Voves offenbar noch missverstanden: Er habe es definitiv nicht auf die „kleinen Häuslbauer“ abgesehen, was ihm zuletzt nicht nur der Bundeskanzler unterstellt hat: „Selbst genützte Immobilien sollen nicht besteuert werden“, versichert er. „Aber wie wir mit Schenken und Erben umgehen, darüber müssen wir in unserer Partei nachdenken.“

Als „Krakeeler vis-à-vis vom Semmering“ fühlt sich der Landeshauptmann dennoch nicht. Zwischen ihn und Faymann passe an sich auch „kein Blattl“. Aber jetzt gehe es darum, „welchen Stellenwert“ in erster Linie die SPÖ und in zweiter Linie die Große Koalition den Umverteilungsfragen beimisst: „Wir brauchen eine tiefer gehende Diskussion darüber, kein Manifestblabla.“ Andernfalls nämlich sieht Voves im Orakel düstere Zeiten herannahen: „Die kleinen Leute werden es sich nicht gefallen lassen, dass sie jetzt die Zeche zahlen müssen, und das völlig zu Recht.“

Dann steht er auf, geht hinüber auf den Rathausplatz und eröffnet den Steiermark-Frühling in Wien – mit Pauken und Trompeten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2009)

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