Auschwitz-Überlebende: "Mit Gedenkfeier ist es nicht getan"

Esther Bejarano
Esther BejaranoAPA/EPA/UWE ZUCCHI
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Die deutsche Politik tue zu wenig gegen aufkeimende Fremdenfeindlichkeit, sagt Esther Bejarano. Große Sorgen bereitet ihr die Pegida-Bewegung.

Nach Ansicht der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano unternimmt die Politik zu wenig gegen aufkeimende Fremdenfeindlichkeit in Deutschland. "Das gesellschaftliche Klima ist rauer für Flüchtlinge und Ausländer in Deutschland geworden. Es ist eine Katastrophe, dass die Bundesregierung nicht mehr dagegen tut", kritisierte die 90-Jährige am Freitag in Fulda vor einem Zeitzeugengespräch mit Schülern.

Die Jüdin überstand den Holocaust und die Arbeits- und Vernichtungslager im Zweiten Weltkrieg. Sie ist eine der letzten Überlebenden des Mädchenorchesters im KZ Auschwitz. Mittlerweile hat sich die Wahl-Hamburgerin zur Vorkämpferin gegen das Vergessen der Nazi-Gräueltaten entwickelt und tourt mit Lesungen und Konzerten.

Bejarano, Mitbegründerin und Ehrenvorsitzende des Internationalen Auschwitz-Komitees, mahnte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur: "Die Regierung geht zu achtlos mit dem Thema um. Es ist nicht damit getan, einmal im Jahr eine Gedenkfeier zu veranstalten. Es braucht mehr Anstrengungen, dieses Kapitel nie in Vergessenheit geraten zu lassen." Große Sorgen bereiteten ihr die Pegida-Bewegung und die erheblich gestiegene Zahl rassistischer Übergriffe auf Asylbewerberunterkünfte.

Befreiung von Auschwitz

Am 27. Jänner 1945 erreichten die ersten sowjetischen Soldaten Auschwitz. Nur rund 7000 Häftlinge erlebten die Befreiung des Konzentrationslager, innerhalb von viereinhalb Jahren waren dort mehr als 1,1 Millionen Menschen ermordet worden.

Der Komplex Auschwitz-Birkenau war das größte nationalsozialistische Vernichtungslager, zu Kriegsende umfasste er über 40 Quadratkilometer und 48 Nebenlager. Im Juni 1940 war auf Befehl von SS-Chef Heinrich Himmler das spätere Stammlager auf dem Gebiet einer ehemaligen Artilleriekaserne der österreichisch-ungarischen Monarchie in der Stadt Oswiecim im besetzten Polen errichtet worden.

Es war ursprünglich als Verbannungsort für Polen gedacht, die sich der deutschen Besatzungsmacht widersetzten. Der erste Transport mit 728 politischen Häftlingen kam am 14. Juni 1940 in Auschwitz an. Im dritten Kriegsjahr bestimmten die Nazis Auschwitz zum Ort des Völkermords an den europäischen Juden. Im März 1941 wurde entschieden, im benachbarten Dorf Birkenau Auschwitz II zu bauen. Im September 1941 wurde erstmals das Gas Zyklon B eingesetzt. Dabei erstickten 600 sowjetische Kriegsgefangene qualvoll.

Die genaue Zahl der Ermordeten ist nicht feststellbar. Die Mehrheit wurde sofort nach der Ankunft in die Gaskammern getrieben, ohne dass sie namentlich erfasst wurden. Aus Österreich wurden schätzungsweise 11.000 Menschen in Auschwitz ermordet.

Am 2. Juni 1947 wurde auf Beschluss des polnischen Parlaments in dem ehemaligen Lager die Gedenkstätte als Mahnmal für künftige Generationen errichtet.

(APA/dpa/Red.)

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