Demos gegen TTIP-Abkommen in sechs österreichischen Städten

DEMONSTRATION ´TTIP STOPPEN - GLOBALER AKTIONSTAG´
DEMONSTRATION ´TTIP STOPPEN - GLOBALER AKTIONSTAG´(c) APA (GEORG HOCHMUTH)
  • Drucken

Die Veranstalter zählten österreichweit rund 22.000 Teilnehmer. In ganz Europa demostrierten Menschen gegen das geplante EU/USA-Freihandelsabkommen.

Im Rahmen eines internationalen Aktionstages haben am Samstag in sechs österreichischen Städten - darunter Wien und Salzburg - tausende Menschen gegen das geplante EU/USA-Freihandelsabkommen (TTIP) demonstriert. In Wien versammelten sich am Samstagnachmittag laut Polizeiangaben rund 6000 Demonstranten. Die Veranstalter zählten 15.000 Teilnehmer in Wien und österreichweit rund 22.000.

Zehntausende Demostranten in Deutschland

In Deutschland sind tausende Menschen auf die Straße gegangen. Bis zum frühen Nachmittag hätten sich "mehrere zehntausend" Menschen an Kundgebungen und Aktionen in zahlreichen Städten beteiligt, sagte die Sprecherin von Attac Deutschland, Frauke Distelrath, am Samstag. Demnach waren bundesweit mehr als 230 Veranstaltungen geplant.

Allein in München hätten sich bis zum frühen Nachmittag mindestens 15.000 Menschen an einer Demonstration beteiligt, sagte Distelrath. In Karlsruhe versammelten sich demnach Kritiker des Freihandelsabkommens zu einer Fahrraddemonstration, in Neu-Ulm wurde ein Traktor-Korso abgehalten. In Berlin war für den Nachmittag eine Menschenkette geplant. Außer in Großstädten habe es auch Proteste in kleinen Dörfern gegeben, fügte die Attac-Sprecherin hinzu.

Die Kritiker des TTIP-Abkommens in Europa befürchten eine Erosion von Standards bei Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Heftig gerungen wird auch um einen Investorenschutz, der es privaten Unternehmen ermöglichen würde, Staaten vor Schiedsgerichten zu verklagen. Gegner des Abkommens monieren zudem, dass die Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und der US-Regierung über den Vertrag intransparent seien.

Die Sprecherin für Wettbewerbspolitik der Grünen Bundestagsfraktion in Deutschland, Katharina Dröge, wertete den Aktionstag als Zeichen des wachsenden Widerstands gegen TTIP. "Es wird Zeit, dass die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung erkennen, dass man ein solch breites gesellschaftliches Bündnis ernst nehmen muss", erklärte Dröge. "Die Politik der letzten Monate ist gescheitert. Zu lange haben die TTIP-Verhandler geglaubt, man könne die Öffentlichkeit mit Halbinformationen und Beschwichtigungen abspeisen."

International waren am Samstag vielerorts Proteste gegen TTIP und andere Handelsverträge angekündigt. Rund 750 Demonstrationen, Straßenaktionen, Informationsveranstaltungen und Diskussionen waren Attac zufolge in 45 Ländern auf allen Kontinenten geplant. Außer um das zwischen EU und USA verhandelte TTIP-Abkommen ging es auch um den Handelsvertrag Ceta zwischen der EU und Kanada und das multilaterale Dienstleistungsabkommen Tisa. Die TTIP-Verhandlungen werden kommende Woche in New York fortgesetzt.

Konzerne machen sich für den Freihandelsvertrag stark

Angesichts der heftigen Proteste gegen das Abkommen machen sich nun die Vorstandsvorsitzenden führender deutscher Konzerne für den Freihandelsvertrag stark. Einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zufolge hat der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) eine Aktion mit dem Titel "Wir wollen TTIP" ins Leben gerufen. Dafür habe der BDI Top-Manager aus Industrie wie Mittelstand zusammengetrommelt. "Die deutsche Wirtschaft sieht in TTIP große Chancen", betont BDI-Präsident Ulrich Grillo demnach.

In der deutschen Wirtschaft gibt es aber auch Bedenken gegen das Abkommen in seiner jetzigen Form. Zwar stehe der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) hinter TTIP, sagte Verbandspräsident Mario Ohoven den "VDI Nachrichten". "Allerdings nicht um jeden Preis." Vor allem die umstrittenen Schiedsgerichte für den Investorenschutz (ISDS) lehne er ab. Es gebe in den über tausend Seiten des Abkommens Punkte, unter denen Mittelständler "sehr stark leiden könnten - bis hin zum Infarkt", warnte Ohoven.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

International

Freihandelspakt EU/USA: TTIP als Einladung an Lobbyisten

Die geplante regulatorische Zusammenarbeit wird die europäischen Standards nicht aushebeln, wie es NGOs befürchten – wohl aber den Lobbyismus fördern.
Kommentare

Bei TTIP sticht nur das Vorurteil

Vorurteil schlägt Information. Das sind die aktuellen Spielregeln in einer besonders abgründigen Runde politischen Bauernschnapsens: der heimischen TTIP-Debatte.
International

Investorenschutz: SPD fordert bilaterales Gericht

Deutschlands Wirtschaftsminister Gabriel schlägt anstelle der privaten Schiedsgerichte einen internationalen Handelsgerichtshof vor.
Christoph Leitl
Österreich

Leitl: "Europäer brauchen TTIP viel stärker als die USA"

Für Österreich sind die USA laut Wirtschaftskammer der drittwichtigste Handelspartner. Die Beziehungen haben ein enormes Potenzial, so Leitl.
Europa

TTIP: „USA und Europa lassen sich keine Standards vorschreiben“

Alexa Wesner, US-Botschafterin in Österreich, sieht TTIP als integralen Bestandteil der transatlantischen Sicherheitsarchitektur. Der Bundesregierung und der EU-Kommission rät die Diplomatin zu mehr Informationsarbeit.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.