Facebook: Milliarden fürs Imperium von morgen

Inside The F8 Facebook Developers Conference
Inside The F8 Facebook Developers Conference(c) Bloomberg (David Paul Morris)
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Mark Zuckerbergs Netzwerk wächst und wächst. Aber das reicht ihm nicht mehr. Der Facebook-Gründer springt auf alle Zukunftstrends gleichzeitig auf – und macht sich neue Feinde.

Wien. Die Menschen sind undankbar. Da nimmt ein Unternehmen zig Millionen Dollar in die Hand, um auch die Ärmsten der Welt an das Internet anzubinden – und muss dafür auch noch Schläge einstecken. So klingt die Geschichte zumindest dann, wenn man Mark Zuckerberg um seine Meinung zu den vergangenen Tagen fragt.

Der Ursprung seines Ärgers liegt in Indien. Auf dem Subkontinent, eigentlich der erklärte Wachstumsmarkt für Facebook, hat das Unternehmen mit heftigem Gegenwind zu kämpfen. Grund ist nicht das digitale Netzwerk selbst, sondern dessen Wohltätigkeitsprojekt Internet.org, mit dem Zuckerberg unterprivilegierte Menschen ins Internet holen will. An der Verbindung zum Netz scheitere es hier nicht, aber die Geräte und Apps seien zu teuer, so die These des Amerikaners.

Also springt Facebook ein und versorgt die Menschen gratis mit ausgewählten Programmen. Doch das sei nun wirklich nicht wohltätig, so die Kritiker. Im Gegenteil: Das Projekt widerspreche den Grundsätzen der Netzneutralität, wonach jeder Inhalt im Netz gleich behandelt werden müsse. Facebook hingegen beschränke das Internet für die Ärmsten auf 40 Seiten. Google ist ebenso wenig Teil dieser digitalen Welt wie irgendein anderer Facebook-Konkurrent. Die indische „Save the Internet“-Koalition sieht darin lediglich ein „ambitioniertes Projekt, um hunderte Millionen Nutzer in Schwellenländern zu verwirren, damit sie glauben, Facebook und das Internet seien eins“. Facebook weist alle Vorwürfe von sich. Dennoch ist es eine Imageschlappe im größten Zukunftsmarkt des Konzerns Realität – und eine teure noch dazu.

Denn Internet.org ist nur eines von vielen Projekten, für die Mark Zuckerberg derzeit Milliarden Dollar ausgibt, um nur ja keinen Trend von morgen zu verschlafen. Er bastelt an einem Imperium, das weit über das soziale Netzwerk hinausgeht: virtuelle Realität, Drohnen, Foto- und Videoplattformen, Messaging-Dienste. Im ersten Quartal hat das Unternehmen seine Ausgaben vor allem für all diese „Nebenprojekte“ um 83 Prozent auf 2,6Milliarden US-Dollar (2,42 Mrd. Euro) gesteigert. Anders als das mit Werbung gespickte Netzwerk werfen die meisten dieser Ideen noch lang keinen Cent ab. Der Gewinn des börsenotierten Unternehmens brach um ein Fünftel auf 509 Millionen Dollar ein.

1,44 Milliarden Menschen

Das ist allerdings nichts, was Mark Zuckerberg sonderlich nervös machen würde. Während die Anleger murrten, freute er sich über einen „stabilen Start“ ins neue Geschäftsjahr. Tatsächlich sind die Zahlen auf seiner Seite. Zumindest manche von ihnen: Das Kerngeschäft von Facebook – die Nutzer des Netzwerks mit Werbung zu bespielen– wächst und wächst. Die Zahl der aktiven Nutzer, die zumindest einmal im Monat bei Facebook vorbeischauen, ist um 13 Prozent auf 1,44 Milliarden Menschen gestiegen. 936 Millionen von ihnen kommen jeden Tag, 798 Millionen Nutzer machen das via Smartphone.

Und obwohl nicht klar ist, ob immer echte Menschen hinter diesen enormen Wachstumsraten stehen, oder doch asiatische Click-Farmen, so sind doch viele Unternehmen bereit, für Facebook-Werbung auf dem Smartphone viel Geld auszugeben. Das Unternehmen nahm im vergangenen Quartal 3,32 Milliarden Dollar mit Werbeanzeigen ein. Das ist ein Plus von 46 Prozent. Drei Viertel davon haben Unternehmen für Werbung auf Smartphones bezahlt. Facebook hat heute ein Viertel mehr mobile Nutzer als vor einem Jahr – und verdient prächtig an ihnen.

Drei Dollar für einen Europäer

Doch das starke Wachstum hat auch einen Haken. Denn nicht jeder neue Nutzer ist für Facebook gleich viel wert. Vor allem in den großen Wachstumsregionen des Unternehmens sind die Werbeeinnahmen gering. Ein Facebook-Nutzer in den USA bringt dem Unternehmen rund acht Dollar, ein Europäer immerhin noch drei Dollar.

In Hoffnungsmärkten wie Indien, wo Facebook auch mit Projekten wie Internet.org um hunderte Millionen Nutzer wirbt, sind es gerade einmal 78 Cent. Eine große Aufholjagd ist nicht erkennbar. Im Gegenteil: Im vergangenen Quartal fiel der Umsatz pro Nutzer in diesen Ländern um 15 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2015)

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