Wohngeschichte. Draußen stilistisches Hybrid, drinnen moderner englischer Landhausstil mit viel Raum für Persönlichkeit. So wohnt eine Historikerin, die zur Interior-Designerin wurde.
Sag mir, wer du bist, und ich zeige dir, wie du wohnen könntest. So ließe sich die Firmenphilosophie von Catharina Heller zusammenfassen. Als Interior-Designerin will sie nicht einen gewissen Stil verkaufen, sondern Einrichtung finden, die auf Kunden zugeschnitten ist. Sie selbst lebt dies in einem dreistöckigen Einfamilienhaus im 17. Wiener Gemeindebezirk, wo sich folgendes Stilbild bietet: überwiegend moderner englischer Landhausstil mit Klavier und Kamin im Wohnzimmer, großer heller Holzküche und unzähligen dekorativen Details. Ein Teil von Hellers Familie lebt in England, sie ist stark von diesem Stil geprägt. „Er steht für ein offenes Leben, in dem viele Gäste willkommen sind.“
Nach dem Einzug vor elf Jahren dauerte es jedoch ein wenig, sich an die neue Großzügigkeit zu gewöhnen und all die vorhandenen Räume auch zu nutzen. Knapp zehn Jahre in einer 45-Quadratmeter-Studentenwohnung hatten Hellers Alltagsroutinen geprägt, außerdem „waren wir beim Einzug zu dritt, jetzt sind wir zu siebt“. Die Hausbewohnerschaft setzt sich, die Katze und die demnächst zwei Hunde nicht mitgerechnet, aus Heller und ihrem Mann, vier Kindern und einem Au-pair-Mädchen zusammen. So stellte sich der Kauf des Hauses als sehr weitsichtig heraus. Und als Glücksfall, dass die Pläne eines Bauträgers, an seiner statt Reihenhäuser zu bauen, nicht zur Ausführung kamen.
Das Haus stammt aus den 1730er-Jahren und ist Anfang des 20. Jahrhunderts durch den damaligen Besitzer einer recht speziellen Generalsanierung unterzogen worden. Der Kombination seines offensichtlich vorhandenen finanziellen Vermögens und ebenso offensichtlichen Unvermögens, sich für einen Stil zu entscheiden, verdankt das Haus etwa historistische Säulen und Jugendstilelemente wie den geschwungenen Balkon mit Waldblick und hohe, schmale Türen. „Er hat das Haus in einen weit protzigeren Zustand als den ursprünglichen versetzt, sicher zum Schreck aller Nachbarn.“ Und zur Freude von Heller, die diesen Eklektizismus charmant findet, generell Spuren von Persönlichkeit.
Geschichte und Gestaltung
Das Haus wurde von Grund auf renoviert, zum Teil umgebaut und sein Inneres auch gleich personalisiert. „Ich habe versucht, alles, was mir etwas bedeutet, in das Haus einzubringen.“ Darunter die große Sammlung von Keramiken aus den 1920er- bis 1950er-Jahren einschließlich Erbstücke. Die Faszination für Vergangenes und der Hang zum Bewahren, der eine Nachbarin dazu veranlasste, ihr eine „Neigung zum Gartenzwerg“ zu attestieren, ließ Heller Geschichte und deutsche Philologie studieren. Später hat sie sich ganz bewusst aus dem Historikerberuf verabschiedet, „weil ich in meinen Endzwanzigern festgestellt habe, dass ich ein sehr großes Bedürfnis habe, mich mit anderen Menschen auszutauschen. Und in 99 Prozent aller historischen Berufe kommt das zu kurz.“
Der Umstieg von der Geschichtsforschung zum Interior Design führte unverhofft, aber schlüssig über die Gestaltung eines Museums. 2004 betraute die Firma Julius Meinl sie als Historikerin mit der Errichtung des Kaffeemuseums. Nach Beendigung des Projekts bot ihr der Leiter der zuständigen Einrichtungsfirma eine Stelle als Innenraumgestalterin an. Das sei der Punkt des Metierwechsels gewesen, sagt Heller, die das Handwerkszeug des Interior-Designs gelernt und sich nach einigen beruflichen und privaten Zwischenstationen unter dem Firmennamen Rimon selbstständig gemacht hat.
Die beruflich notwendige Fähigkeit, andere Menschen einzuschätzen, leistete auch bei der Gestaltung der privaten Räume gute Dienste. In den Zimmern der Kinder drücke sich deren Persönlichkeit aus, so Heller, wobei sich Tochter Clara anfangs über ihre Rosentapete erstaunt zeigte. „Aber meine Tochter liebt den Sommer, also hab ich versucht, ihr den Hochsommer ins Zimmer zu holen.“ Mittlerweile ist die Tapete ein Erfolg. Am stärksten bei der Gestaltung eingebracht hat sich der älteste Sohn, Arthur, der später als Modedesigner arbeiten will und sehr genaue Vorstellungen von der Einrichtung hatte. Damit enden die Ähnlichkeiten aber nicht. „Er findet, genau wie ich, immer noch irgendwas, das er sammeln kann.“
ZUR PERSON, ZUM ORT
Seit 2013 arbeitet Catharina Heller unter dem Label Rimon (Hebräisch für Granatapfel) als Interior-Designerin für Wohn- und Arbeitsräume bzw. Geschäftslokale. www.rimon.at.Mehr Bilder auf:Immobilien.DiePresse.com
Wohnen in 1170 Wien: Ein Baugrundstück für ein frei stehendes Einfamilienhaus (600 bis 800 m2) in sehr guter Wohnlage liegt im Durchschnitt bei 805,7 Euro/Quadratmeter, in normaler Wohnlage bei 448,0 Euro/Quadratmeter.
[ Quelle: Immobilien-Preisspiegel 2014 ]
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2015)