Hypo-Finanzkarussell: OeNB-Spitze wusste früh Bescheid

Hypo Alpe Austria.
Hypo Alpe Austria.(c) Reuters (Heinz-Peter Bader)
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„Presse“ exklusiv: Nationalbank und FMA wurden vom Bilanzprüfer schon 2007 über mögliche „Kickbacks“ aus Kroatien an den Hypo-Vorstand informiert. Der Prüfer zog den Vorwurf später zurück, weiter nachgeforscht wurde nicht.

Wien. Dass in der Hypo vieles schief und möglicherweise kriminell läuft, musste nicht nur den Prüfern vor Ort, sondern auch den Spitzen von Nationalbank und FMA klar gewesen sein. Beim Hypo-Untersuchungsaussschuss legte Neos-Abgeordneter Rainer Hable beispielsweise ein Dokument vor, das auf Kickback-Zahlungen an den Hypo-Vorstand in Zusammenhang mit Kreditfällen hinweist. Dieses Dokument war der gesamten Notenbank-Spitze bekannt.

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Nach „Presse“-Informationen hat sich das ungefähr so abgespielt: Ende Februar 2007 läutete im Büro des damaligen Chefs der Bankenanalyse in der Oesterreichischen Nationalbank, Helmut Ettl, das Telefon. Am anderen Ende der Leitung: Erich Kandler, damals Partner im Wirtschaftsprüfungsmulti Deloitte und Bilanzprüfer der Hypo Alpe Adria. Was der Wirtschaftsprüfer dem Notenbanker zu erzählen hatte, war nicht ohne: Er sei, so Kandler, in Kroatien auf eine Transaktion gestoßen, die man als Kickback-Zahlung an den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Kärntner Bank, Wolfgang Kulterer, sehen könne.

Was sind "Kick-back"-Zahlungen?

Als Kick-back wird die Rückerstattung eines Teils des gezahlten Betrages eines Geschäftes zwischen mindestens drei Beteiligten durch einen Beteiligten an einen anderen bezeichnet. Typischerweise wird der Kick-back demjenigen, der ihn letztlich aufzubringen hat, nicht bekannt gemacht.

Wie es ablief

Der Vorgang: Die Hypo habe einen Kredit an ein kroatisches Unternehmen eines Herrn Puris vergeben und diesen später wegen Uneinbringlichkeit abgeschrieben. Vorher seien von diesem Unternehmen allerdings noch ein paar hunderttausend Euro an ein Unternehmen transferiert worden, das dem Einflussbereich von Kulterer und dessen Frau zugerechnet werde.

Tatsächlich tauchte 2014, also sieben Jahre später, im Abschlussbericht der so genannten Soko Hypo das kroatische Unternehmen Puris auf. Die Hypo-Ermittler erheben in dem Bericht den Vorwurf, Puris sei eine der Firmen gewesen, über die die Ex-Hypo-Chefs Wolfgang Kulterer und Günther Striedinger Hypo-Geld zu sich selbst umgeleitet hätten. Die Anwälte der beiden in anderen Causen bereits rechtskräftig verurteilten Ex-Manager haben eine persönliche Bereicherung ihrer Klienten freilich stets bestritten, es gilt die Unschuldsvermutung.

Wie Hable beim Unterschungsausschuss sagte, habe Puris, eine „Hühnerfabrik“ ohne jede Bonität, von der Hypo drei Millionenkredite erhalten. Das Unternehmen sei „ausgeräumt“ und später um einen Euro an die Hypo „verkauft“ worden. Ein, so Hable, „tierisch gutes Geschäft“ – freilich nicht für die Bank.

Aufsichtselite war im Februar 2007 im Bilde

Die österreichische Aufsichtselite war über die Verdachtsmeldung bereits im Februar 2007 im Bilde. Denn Ettl reagierte auf die Information durch den Bilanzprüfer (der im Telefonat angekündigt hatte, am folgenden Tag auch die FMA informieren zu wollen) nämlich durchaus professionell: Er informierte seine Vorgesetzten teils mündlich, teils schriftlich. Die Information ging an die damalige Notenbankspitzen Klaus Liebscher (Gouverneur, heute Vorstand der Fimbag) und Andreas Ittner (damals im Direktorium für die Bankenaufsicht zuständig, heute Vizegouverneur) sowie an das Direktoriumsmitglied Josef Christl.

Die Notenbankspitze und wohl auch die FMA, deren Chef Ettl 2008 wurde, waren also schon 2007 darüber informiert, dass die Malversationen in der Kärntner Bank nicht nur Bilanzfälschung umfassten (weswegen Vorstandschef Kulterer 2006 seinen Vorstandsjob verlor und an die Aufsichtsratsspitze wechseln musste), sondern möglicherweise auch persönliche Bereicherung von Top-Managern im Spiel war.

Die Nationalbank teilte gestern mit, man habe die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet, weil der Wirtschaftsprüfer den Kickback-Vorwurf zwei Tage später wieder zurückgezogen habe. In einer freilich erst 2014 bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt eingebrachten Sachverhaltsdarstellung der Hypo ist freilich von möglichen Geldrückflüssen in Millionenhöhe die Rede. Die Anwälte der betroffenen Ex-Hypo-Vorstände bestreiten das wie gesagt.

Gefahr im Verzug sah man mitten in der heißen Phase des Bankverkaufs an die BayernLB aber offenbar nicht: Kulterer stand noch acht Monate an der Spitze des Aufsichtsrats. Er wurde dort im Oktober 2007 abgelöst. Freilich nicht wegen dieser Vorwürfe, sondern weil zu diesem Zeitpunkt das Closing des Hypo-Verkaufs stattfand und die Bayern ihren eigenen Aufsichtsrat installierten. Hable vermutet, dass genau das eine Motivation dafür gewesen sein könnte, vorerst nichts zu unternehmen. Die Bank suchte nämlich gerade händeringend nach frischem Geld, der Zwischenverkauf der Bank an Tilo Berlin und dessen Investorengruppe war gerade in einer sensiblen Phase und der Weiterverkauf an die Bayern wurde gerade vorbereitet. Ein Kickback-Skandal in dieser Dimension hätte alle diese Transaktionen schwer torpediert.

Prüfer war "schlecht geworden"

OeNB und Finanzmarktaufsicht hatten die Hypo auch schon in den Jahren vor 2007 zwar mehrfach geprüft und dabei durchaus alarmierende Fakten entdeckt. Ein FMA-Prüfer sagte beispielsweise am Mittwoch vor dem parlamentarischen Hypo-Untersuchungsausschuss, ihm sei beim Studium der Hypo-Kreditakten „schlecht geworden“. Kickbackzahlungen an Hypo-Vorstände waren den Prüfern aber nicht aufgefallen.

Hable kündigte an, dass die Verantwortlichen in FMA und OeNB dazu vor dem Untersuchungsausschuss aussagen werden müssen. Konkret nannte er FMA-Chef Ettl, OeNB-Direktor Ittner und Fimbag-Chef Liebscher. Die Nicht-Reaktion der Aufsichtsinstanzen hätte nämlich wesentlich zum Milliardenschaden beigetragen, den die Steuerzahler jetzt ausbaden müssten.

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