Hypo: Millionen, die im Karst versickern

General view of the headquarters of defunct lender Austrian bank Hypo Alpe Adria in Klagenfurt
General view of the headquarters of defunct lender Austrian bank Hypo Alpe Adria in Klagenfurt(c) REUTERS
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Um eine Geflügelfirma im kroatischen Karst bastelten Hypo-Manager offenbar ein einträgliches Kickback-Karussell. Notenbank und FMA wollten das nicht so genau wissen.

Wien. Es war der Knaller der donnerstägigen Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses: Der Fraktionsvorsitzende der Neos im Ausschuss, Rainer Hable, legte einen vom jetzigen FMA-Chef Helmut Ettl verfassten Aktenvermerk über einen Anruf des Hypo-Bilanzprüfers Erich Kandler Ende Februar 2007 vor. Der Inhalt: Kandler sei in Kroatien einer Transaktion auf die Spur gekommen, die auf eine Kickback-Zahlung über mehrere hunderttausend Euro an den damaligen Hypo-Chef, Wolfgang Kulterer, in Zusammenhang mit einem Hypo-Kredit an die kroatische Firma Puris hindeute.

Ettl verfasste darüber einen Aktenvermerk, informierte die Notenbankspitze (darunter Gouverneur Klaus Liebscher und Bankenprüfungschef Andreas Ittner). Und dann geschah – nichts.

Das heißt, nicht ganz: Es gab „intensive Gespräche“ mit dem Deloitte-Partner Kandler, die dazu führten, dass dieser nach zwei Tagen seinen Verdacht zurückzog. Für die Notenbank war damit, wie ein Sprecher der „Presse“ erklärte, „jede Grundlage für weiteres Handeln weggefallen“.

Ist Kandler unter Druck gesetzt worden? Neos-Mann Hable meint, man habe den Wirtschaftsprüfer wohl „gebügelt“. Die Notenbank will die Frage, ob der Prüfer unter Druck gesetzt wurde, „nicht beurteilen“ und darüber „nicht spekulieren“.

Überraschend wäre es nicht gewesen, denn in Sachen Hypo ging es im Vorfeld des Verkaufs an die Bayern wenig zimperlich zu. Kandler und die beiden damaligen FMA-Vorstände waren gerade von Landeshauptmann Jörg Haider massiv mit Klagen bedroht worden, weil sie sich der versuchten Vertuschung des im Jahr 2006 publik gewordenen Bilanzfälschungsskandals entgegengestellt hatten. Die Hypo brauchte gerade dringend 250 Mio. Euro, um bis zum Verkauf an die Bayern über die Runden zu kommen. Kurzzeit-Vorstandschef Tilo Berlin war gerade dabei, das Geld mit einem „Zwischenverkauf“ an eine Investorengruppe, der die Creme der heimischen Industrie (einschließlich des IV-Präsidenten) angehörte, auf die Beine zu stellen. Ein den aktuellen Aufsichtsratschef Kulterer betreffender Kickback-Skandal hätte all das gefährdet und den geplanten Verkauf an die Bayern wohl in die Luft gejagt. Motive hätte es also zur Genüge gegeben.

Fakt ist, dass Notenbank und FMA die Rücknahme des Kandler-Verdachts akzeptierten und nichts mehr unternahmen. Zumal sie, wie ein OeNB-Sprecher der „Presse“ erklärte, in Kroatien ohnehin nicht hätten prüfen dürfen.

Vielleicht wäre ein bisschen Nachforschen aber doch nicht schlecht gewesen. Denn sieben Jahre später, im Sommer 2014, taucht die Kickback-Geschichte wieder auf. Und zwar in einer 82 Seiten umfassenden Sachverhaltsdarstellung der Hypo Alpe Adria an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt mit der Geschäftszahl 10 St 273/09g. Und dort stellt sich die diesmal von der Soko Hypo recherchierte Puris-Geschichte als ziemlich wilde Räuberpistole dar, die auf jeden Fall die Aufmerksamkeit der Aufsichtsbehörden erfordert hätte. Kurz zusammengefasst: Laut Sachverhaltsdarstellung hat die Hypo dem Austrokanadier Walter Wolf mit einem Zwölf-Millionen-Euro-Kredit den mehrheitlichen Kauf der Geflügelfirma Puris finanziert. Am Aufsichtsrat vorbei, der eigentlich alle Kredite über drei Mio. Euro hätte genehmigen müssen.

Millionen flossen zurück

Allerdings seien nur 9,95 Mio. Euro in den Aktienkauf geflossen, 2,05 Mio. hätten den Weg zurück nach Österreich gefunden. Für diese zwei Millionen seien keine Gegenleistungen nachweisbar, wer das Geld erhalten habe, sei unklar. Daneben habe die Puris „der Höhe nach nicht gerechtfertigte“ Management-Fees an eine WBG GmbH bezahlt, an der Kulterers damalige Frau beteiligt war.

Wolf, der auch kroatischer Staatsbürger ist, soll aber nur als „zwischengeschalteter Eigentümer“ fungiert haben, weil bei kroatischen Privatisierungen nur Kroaten zum Zug kamen. Die Puris soll über mehrere Transaktionen – zur Verschleierung über Liechtenstein und die Schweiz bis Belize – den Besitzer gewechselt haben, wobei die Soko Hypo den „Eindruck“ gewann, dass letztendlich Kulterer selbst „wesentlicher wirtschaftlicher Berechtigter“ war. Am Ende landete die unterdessen abgewirtschaftete Puris um einen Euro bei der Hypo selbst, der besagte Kredit (mit Zinsen unterdessen auf 18,6 Mio. Euro angewachsen) wurde „ausgebucht“. Wir stellen hier mit aller gebotenen Klarheit fest, dass dies die an die Staatsanwaltschaft gemeldeten Erkenntnisse der Soko Hypo sind. Die Betroffenen beziehungsweise deren Anwälte haben diese Darstellung bestritten, es gilt die Unschuldsvermutung.

Wo die Millionen letztendlich gelandet sind (in der ausgebluteten Puris offenbar nicht), ist unklar. Insgesamt hat die Hypo der Puris Kredite über mehr als 50 Mio. Euro gewährt. Seltsam, dass der Wirtschaftsprüfer, der einer solchen Räuberpistole auf die Spur kommt, das zwei Tage später wieder zurückzieht. Und noch seltsamer, dass FMA und Notenbank es bei diesem Rückzieher bewenden lassen und nichts weiter unternehmen. Da gibt es wohl Erklärungsbedarf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2015)

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