Depeche Mode: Bitterkeit war einmal

Depeche Mode
Depeche Mode(c) AP (Charles Sykes)
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Mit ihrem neuen Album "Sounds of the Universe" sind Depeche Mode musikalisch endlich erwachsen geworden. Erwachsensein hat wenig Glamour, macht aber Spaß.

Jedes mal wenn Depeche Mode ein neues Album - in der Regel alle vier Jahre - auf den Markt bringen, sind sie dazu verurteilt an jenem Album gemessen zu werden, das ihren Ruf als Meister der Düsternis begründete: Es war 1990, als "Violator" erschien. Damals legte die britische Band aus dem ostenglischen Basildon mit eingängigen Synthie-Pop-Hymnen wie "Enjoy the Silence" und "Personal Jesus" die Latte hoch. Für viele eingefleischte Fans war Violator das letzte echte Depeche Mode-Album.

Erwachsensein hat wenig Glamour

Und genau da liegt das Problem bei jeder Neuveröffentlichung. Die Band soll musikalisch nicht reifen, vielmehr soll sie die eigene Jugend konservieren. Denn niemand schaffte es so gut wie Depeche Mode, all die leidvollen Erfahrungen der Pubertät in eine melancholische, tiefschwarze Sprache der Musik zu übersetzen.

Mit dem zwölften Studioalbum "Sounds of the Universe" verweigern sich Depeche Mode jedoch, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. 2009 scheint die Band etwas geschafft zu haben, was niemand für möglich hielt - Depeche Mode sind erwachsen geworden. Und Erwachsensein hat wenig Glamour.

Es quietscht, raunt und fiept

"Sounds of the Universe" bedarf des mehrmaligen Anhörens, um sich zu entfalten. Fad und enttäuschend, sind die ersten Worte, die einfallen. Zudem hat Martin Gore ausgegraben, was es an alten Syntesizern zu finden gab. Er ersteigerte im Internet dutzende gebrauchte Klangmaschinen. Dementsprechend dröhnt, quietscht, raunt und fiept es. Schon der Starter "in chains" legt den Hörer eine Minuten lang in Ketten, ehe sich ein gefühlsvoller Pop-Song entfaltet.

Auch bei "hole to feed" wummert es, ehe Gahan eine Performance hinlegt, die an den Beginn der Folk- und Punk-Band "New Model Army" erinnert. Musikalische Entsprechung zu Gores Aussage, dass Depeche Mode nach so langer Zeit auch mal ein Recht auf Nostalgie hätten.

"Wrong": Roh und doch eine Perle

Als dritter Track kommt die Single "wrong". "I was born with the wrong sign, in the wrong house" schreit Sänger Dave Gahan wütend. Es ist einer der besten Songs, die je aus der Feder von Songwriter Martin Gore kamen: Roh, und doch eine Perle. Mit "fragile tension" "little soul" und "in sympathy" folgen drei ruhigere Nummern, die sicher nicht zu den Glanzstücken der Elektro-Veteranen zählen. Dafür überrascht "peace": Noch nie klangen Depeche Mode so selbst mit sich im Reinen. "I'm leaving bitterness behind this time", singt Gahan. Es ist eine optimistische Offenbarung - vollkommen im Gegensatz zu dem, was die Band erfolgreich gemacht hat: zelebrierte Melancholie und bittersüße Düsternis.

Es folgen das ein wenig langweilige "come back" und das verträumte Intro "spacewalker", ehe ist mit "perfect" wieder interessant wird. "Everything is almost perfect", säuselt Gahan und erneut ist der melancholie-geeichte Hörer gebannt ob des ungewohnten Optimismus. Schließlich folgt mit "miles away/the truth is" ein weiteres Higlight. Es ist ein nuancierter Popsong, der erst nach mehrmaligem Hören so richtig aufblüht.

Der Schritt ins Licht

Mit "jezebel" hat sich schließlich eine von Martin Gore gesungene Ballade auf das Album verirrt, die eher auf "Exciter" (2001) gepasst hätte. Mit dem letzten Stück "corrupt" versöhnen Depeche Mode schließlich all jene, die es gern dunkler und schwärzer mögen. In bester Leidensmanier singt Gahan Texte wie "it would be easy watching you suffer" oder "you'd be crying out in pain begging me to play my games" - fast so, als wären die Songs davor nie gewesen.

"Sounds of the Universe" ist das Album einer Band, deren Mitglieder es geschafft haben, mit knapp 50 endlich erwachsen zu werden. Und eine Erkenntnis bleibt: Der Schritt ins Licht ist Depeche Mode nicht abträglich.

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