Ivan Khandoshkin: Russischer Meistergeiger

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Zu entdecken: drei Violinsonaten von Ivan Khandoshkin.

Was die Tradition der Geigenvirtuosen betrifft, hat man als Musikfreund relativ klare Vorstellungen. Man nennt rasch die Namen Heinrich Ignaz Franz Biber, Giuseppe Tartini, Nicolò Paganini – und ist damit bald im Bezirk der Großväter unserer heutigen Virtuosen gelandet, etwa bei Eugène Ysaÿe oder der großen Lehrer-
figur Otakar Ševčík, die sich allesamt auf diese illustre Ahnengalerie berufen konnten. Dass es innerhalb der Geschichte der Violinmusik singuläre Großtaten wie die unbegleiteten Solosonaten und –partiten eines Johann Sebastian Bach gibt, weiß man ebenfalls. Elena Denisova, die Intendantin des Wörthersee-Classic-Festivals, hat jüngst eine CD herausgebracht, auf der sich drei Solosonaten aus der Feder von Ivan Khandoshkin finden.

Vom Leibeigenen zum Konzertmeister. Den Namen dieses Komponisten dürften Nichtgeiger kaum je gehört haben. Die Musik sollten sie aber kennenlernen. Khandoshkin, Jahrgang 1747, kam als Leibeigener zur Welt und diente sich in der Orchesterhierarchie von St. Petersburg bis zum
Konzertmeister hoch. Die Umstände brachten es mit sich, dass von seinem angeblich recht reichen Schaffen kaum etwas überliefert ist. Was man kennt, erweist, dass Khandoshkin eines der logischen Bindeglieder zwischen Tartini und Paganini genannt werden darf – und zwar in vielerlei Hinsicht. Zum einen hat er, von italienischen Musikern ausgebildet, die stilistischen Vorgaben italienischer Violinmusik sehr genau studiert, zum anderen weist die eminente und fantasievolle Beherrschung der Spieltechnik auf Hexenmeistereien voraus, wie sie der dämonische Paganini später kultivieren sollte. Kein Wunder, dass er in späteren Jahren zum freien Mann avancierte und sich als Virtuose im Reich Katharinas der Großen einen Namen machte.

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Herrlich entspannt. Die Musik, drei höchst unterschiedliche, jeweils dreisätzige Sonaten op. 3 (in g-Moll, Es-Dur und D-Dur), die Elena Denisova allen kniffligen Vertracktheiten zum Trotz herrlich entspannt aufblühen lässt, pendelt erstaunlich bruchlos zwischen dem Tonfall der Frühklassik und ersten romantischen Regungen hin und her, kennt abgezirkelte Menuettgesten und artifizielle Variationenreihen ebenso wie frei fließende lyrische Kantilenen. Denisova nützt das Klangpotenzial der vier Saiten auf atemberaubend vollgriffige Weise, nicht in Sachen kontrapunktischer Meisterschaft, aber als Demonstration geigerischer Fertigkeiten sind diese Werke Prüfsteine für die Interpreten. (Deka Media/Gramola)

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