Sozialmissbrauch: "Big brother“ wacht bei Firmen

Sozialbetrug: Register mit verdächtigen Firmen kommt
Sozialbetrug: Register mit verdächtigen Firmen kommt APA/HANS KLAUS TECHT
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Das neue Gesetz gegen Scheinfirmen und Abgabenbetrug geht viel weiter als bisher bekannt. Die Krankenkassen dürfen im Voraus eine Zentraldatei möglicher Schwarzer Schafe unter den Unternehmen anlegen.

Wien. Finanz- und Sozialbehörden sollen künftig Firmen, bei denen "Anzeichen von Sozialmissbrauch" besteht, einfacher und möglichst früh aufstöbern. Zu diesem Zweck wird eine sogenannte "Risiko- und Auffälligkeitsanalyse im Dienstgeberbereich" eingeführt. Was sperrig klingt, bedeutet in der Praxis, dass von einer Krankenkasse die Daten dieser Analysen verknüpft werden. Es entsteht damit ein für Finanz- und Sozialbehörden nützbares zentrales Register. Die Pläne des von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) in Begutachtung geschickten Gesetzesentwurfes gegen Sozialbetrug ("Die Presse" berichtete bereits am Mittwoch) sind damit weitreichender ursprünglich publik war. 

Das Gesetzesbündel gegen Sozialbetrug und gegen den Missbrauch der elektronischen Sozialversicherungskarten (E-cards) ist Teil der SPÖ-ÖVP-Vereinbarung zum Steuerreformpaket. Das wesentlich verschärfte Vorgehen gegen Scheinfirmen, die Finanz und Sozialversicherung um Abgaben prellen, ist Kern des Vorhabens des Sozialministers. Das geht allein aus den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf, der der "Presse" vorliegt, hervor.

Die Krankenkassen werden demnach zur Erstellung einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse bei Dienstgebern, also bei Unternehmen, verpflichtet, auch wenn noch kein konkreter Verdacht vorliegt. Diese Beobachtung müsse "unabhängig davon, ob bereits ein begründeter Verdacht des Vorliegens eines Scheinunternehmens gegeben ist", erfolgen. Die Analyse soll speziell den Verdacht auf Schwarzarbeit, auf Scheinanmeldungen von Personal und auf möglicherweise drohende Insolvenzen umfassen.

Geplant ist weiters, dass diese Analysen von einem Krankenversicherungsträger - ins Auge gefasst ist dafür die oberösterreichische Gebietskrankenkasse - als "Kompetenzzentrum" verknüpft werden. Damit sollenbundesländerüberschreitende Aktivitäten von Firmen leichter erfasst werden. Die Ergebnisse dieser Vernetzung werden allen Krankenversicherungsträgern, dem Hauptverband sowie den Abgabenbehörden des Bundes zur Verfügung gestellt.

Verschärft wird auch der Kampf gegen die missbräuchliche Verwendung von E-Cards vor allem in Spitälern. Immerhin wurden in der Vergangenheit laut Angaben des Gesundheitsministeriums fast eine Million E-Cards als verloren oder gestohlen gemeldet. Um zu verhindern, dass mit einer E-Card weitere Personen unbefugt Behandlungen in österreichsichen Spitälern in Anspruch nehmen, muss künftig in Krankenhäusern die Identität der Patienten auf jeden Fall mittels Ausweiskontrolle überprüft werden. Bisher besteht die Pflicht zur Ausweiskonntrolle nur bei Zweifeln an der Identität eines Patienten.

Bei niedergelassenden Ärzten ist die Ausweispflicht nur in eingeschränkter Form vorgesehen. Die Überprüfung der Identität muss dann vorgenommen werden, wenn der Patienten dem behandelnden Arzt "nicht persönlich bekannt" ist.

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