Architekt, Erfinder, Philosoph

Vor 150 Jahren geboren: Max Fabiani – Architekt zwischen Kultur und Politik der alten Monarchie.

Das 150. Jubiläumsjahr der Ringstraße ist mit dem Namen eines der berühmtesten slowenischen Architekten Max (Maks) Fabiani (1865 bis 1962) verbunden. Er wurde vor 150 Jahren geboren, als der Ausbau des eminenten Boulevards begann. Die beiden Jubiläen erscheinen umso verbindender, als Fabiani ein Gebäude für die Ringstraße schuf, die Urania.

Heuer wird im Rahmen des Max-Fabiani-Gedenkjahres in mehreren Städten Sloweniens, aber auch in Italien und Österreich, seiner Werke gedacht. Es haben bereits mehrere Veranstaltungen stattgefunden, viele weitere folgen. Die zentrale Ausstellung mit dem Titel „Max Fabiani. Architekt der Monarchie“, konzipiert vom Architekten Andrej Hrausky, wurde Ende März im Rathaus von Ljubljana eröffnet. Sie geht auf das Leben Fabianis ein und zeigt seine Werke, die das urbane Bild so mancher mitteleuropäischen Stadt wie Triest, Ljubljana, Wien und Bielsko-Biała (im heutigen Polen) veränderten. Ab Ende Oktober wird diese Ausstellung im Architekturzentrum Wien zu sehen sein. Der Untertitel der Ausstellung stammt von Marco Pozzetto, der mit seinem 1983 erschienenen Buch „Ein Architekt der Monarchie“ als einer der Ersten den Versuch unternahm, Fabianis Gesamtwerk zu erschließen.

Max Fabiani wurde am 29. April 1865 in Kobdilj bei Štanjel im heutigen Slowenien geboren. Das damalige Küstenland war ein Teil der Habsburgermonarchie und seit jeher multiethnisches Gebiet. Max war das zwölfte von insgesamt vierzehn Kindern und stammte aus wohlhabender Familie: Er war Sohn des Großgrundbesitzers Anton Fabiani und dessen Ehefrau Charlotte von Kofler, einer Adeligen aus Triest mit Südtiroler Wurzeln. Die Herkunft Max Fabianis und sein geografisches Umfeld prägten ihn von klein auf, die Koexistenz des Slowenischen, Italienischen und Deutschen wirkten sich nicht nur auf die Sprachkenntnisse aus, sondern auf seine gesamte Persönlichkeit und Gedankenwelt.

Seine Karriere begann in Wien, wo er in den 1880er-Jahren an der Technischen Hochschule studierte. Noch bevor er in den 1890er-Jahren ein Mitarbeiter Otto Wagners wurde, hatte er bereits bahnbrechende Bauten entworfen, so das Geschäftshaus Portois&Fix in der Ungargasse und das Haus des Verlags Artaria, das seit 1901 am Kohlmarkt steht. Fabiani promovierte 1902 und wirkte unter anderem als Professor für Ornamentik und Innendekoration an der Technischen Hochschule in Wien.

Wie es Andrej Hrausky und Janez Koželj in ihrem Buch über Fabiani erörtern, erwies sich der Architekt auch für die heutige slowenische Hauptstadt als besonders wichtig. Er projektierte in Ljubljana über mehrere Jahrzehnte hindurch viele Gebäude, doch seine architektonischen Ideen setzte er vor allem in der Zeit nach dem Erdbeben 1895 bis zum Ersten Weltkrieg um. Es war sein Regulierungsplan, nach dem man die vom Erdbebenzerstörte Stadt wieder aufbaute und Ljubljana einen modernen Charakter verlieh. Der Plan wurde zwar nicht zur Gänze umgesetzt, dennoch war er Maßstab und Gerüst für die weitere Entwicklung der Stadt.

Max Fabiani spielte nicht nur auf seinem Fachgebiet in der obersten Liga, er verkehrte ebenso mit den höchsten politischen Würdenträgern seiner Zeit. Seine Pläne in Ljubljana wurden vom legendären Bürgermeister Ivan Hribar unterstützt. Fabiani war ab 1902 auch der persönliche Berater von Erzherzog Franz Ferdinand in Sachen Architektur. Fabiani errichtete teilweise auch die Parkanlage in Konopiště, der Sommerresidenz des Thronfolger-Paares.

Der Meinung des renommierten Wiener Architekten Boris Podrecca nach war es die Absicht Franz Ferdinands, einen eigenen imperialen Stil zu initiieren, eine Art Barocchetto, was die Aufgabe Fabianis sein sollte. Die Ermordung Franz Ferdinands in Sarajevo am 28. Juni 1914 war in Fabianis Leben zweifellos eine tragische Zäsur. Was bisher in der Literatur falsch tradiert wurde und durch Fabianis Urgroßneffen Rudolf Krtina richtiggestellt wurde: Max Fabiani trat 1917 sehr wohl seine ordentliche Professur an der Technischen Hochschule in Wien an, bis er kurze Zeit später beurlaubt wurde, um zum Wiederaufbau von Görz dorthin entsandt zu werden. Auf dem Höhepunkt seiner akademischen Karriere kehrte Fabiani also in seine Heimat zurück.

Trotz seines Erfolgs und Ruhms fühlte er sich verpflichtet, sich dem Wiederaufbau des verwüsteten Hinterlands der Isonzo-Front zu widmen. Dieses Monumentalwerk umfasst etwa 100 Regulierungspläne für beschädigte Ortschaften im Küstenland und auf dem Karst. Mit seinen Eingriffen prägte er vor allem die Identität der Ortschaft Štanjel, dessen Bürgermeister er zwischen den Jahren 1935 und 1945 war.

Max Fabiani ist neben Jožef Plečnik (1872 bis 1957) der wichtigste slowenische Architekt. Der berühmte Führer „Architektur in Wien. 300 sehenswerte Bauten“ nennt für den Zeitabschnitt 1895 bis 1918 ganze 58 Bauten, neun davon sind Werke von Fabiani oder Plečnik. Während sich Fabiani in Wien in höheren Kreisen bewegte und eine universitäre Karriere genoss, schaffte es Plečnik trotz etlicher Vorschläge des Professorenkollegs nicht, zum Nachfolger Wagners an der Akademie ernannt zu werden; es war angeblich Franz Ferdinand, mit welchem Fabiani so eng verbunden war, der dies zurückwies.

Fabiani und Plečnik verbinden jedoch einige Gemeinsamkeiten: Sie hinterließen beide ihre Spuren in Wien, entsagten der lasziven Sezession und kehrten nach dem Ersten Weltkrieg in ihre Heimat zurück. Dort wurde Plečnik als die größte fachliche und moralische Autorität in Sachen Architektur anerkannt, während Fabiani aufgrund des Faschismus, dem er zu Hause im Küstenland begegnete, ins Abseits gedrängt wurde: Indem er slowenische Künstler unterstützte, galt er bei den österreichisch-ungarischen Obrigkeiten als Slowene. Von den Italienern wurde er aufgrund seiner Abstammung zum Teil als nationaler Slowene, aufgrund seiner Beziehungen zum österreichischen Hof zum Teil als austriacante angesehen. In Ljubljana war er aufgrund seiner „Kollaboration“ mit den faschistischen Behörden in einigen Kreisen unbeliebt. Doch gegenwärtig wird ihm von der Fachwelt eindeutig die Position eines der größten slowenischen Architekten zuerkannt.

Max Fabiani war eine komplexe Persönlichkeit, ein Multitalent wie Leonardo: Er war Architekt, Raumplaner, Erfinder, Künstler, Philosoph und Denker. Das ist auch der Grund, wieso sein Schaffen bisher nie als eine Einheit, sondern immer nur aus verschiedenen Einzelperspektiven beurteilt wurde. Wir können gespannt sein, welche neuen Erkenntnisse in dem ihm gewidmeten Jahr noch zutage kommen werden. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.