Rubel: Freudenfest nach der Schockstarre in Moskau

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RUSSIA CURRENCY RUBELAPA/EPA/YURI KOCHETKOV
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Der russische Währung und die Börse befinden sich seit dem Tiefstand Ende 2014 auf steilem Weg nach oben.Zu Entwarnung und Euphorie besteht freilich kein Grund. Das politische Risiko überwiegt sogar das Risiko des Ölpreises.

Wien. Ziemlich gehäuft haben Russlands Staatsvertreter zuletzt die Einschätzung abgegeben, das Schlimmste der tiefen Wirtschaftskrise im Land sei vorbei. Neulich etwa Kreml-Chef Wladimir Putin, der auch darauf hinwies, dass die Firmen den Großteil der heuer fälligen Auslandsschulden schon bedient hätten. Die Entwarnung wird freilich nicht von allen geteilt. Man gebe Wünsche als Wirklichkeit aus, meint etwa Sergej Petrov, landesweit größte Autohändler und Milliardär, im Gespräch mit der „Presse“: „Es wird noch hinuntergehen.“ In der Tat herrscht nur über das Ausmaß der Rezession Uneinigkeit.

Stellenweise Entwarnung

Vor diesem Hintergrund machte der Rubel, der durch den Ölpreisverfall und die Sanktionen 2014 um 80 Prozent zum Euro abgewertet hatte, deutlich Terrain wett. Die Gegenbewegung, die nun durch eine Leitzinssenkung von 14 auf 12,5 Prozent gestützt wird, hat nur zum Teil mit dem seit Ende Jänner signifikant gestiegenen Ölpreis zu tun. Zum Teil rühre sie auch daher, dass die Prämien für andere Landesrisken niedriger ausgefallen seien als noch vor wenigen Monaten befürchtet, so Zentralbank-Vizechefin Xenia Judajewa in einer Analyse.

Befürchtete Kapitalverkehrsbeschränkungen seien kein Thema mehr, der Reigen zur Neubewertung der Kreditwürdigkeit sei zu Ende, so Judajewa: Geopolitisch gebe es zumindest keine negativen Nachrichten. Wenn in diesen Punkten keine signifikanten Veränderungen auftauchen, werde der Kurs „relativ stabil“ bleiben.

Ob diese Umstände auch an den Strukturschwächen der russischen Wirtschaft etwas ändern, ist eine andere Frage. Auf dem Aktienmarkt jedenfalls herrschte zuletzt prächtige Laune. Seit dem mehrjährigen Tiefststand bei 629,15 Punkten Mitte Dezember hat der Leitindex RTS um 67 Prozent zugelegt. Mit etwas über 1052 Punkten bleibt er freilich meilenweit vom Allzeithoch bei 2487 Punkten im Jahr 2008 entfernt.

Wie die sanktionsbedingte Isolation heimische Betriebe beeinflusst, ist noch nicht abzusehen. Hauptproblem sei weniger der ausbleibende Technologietransfer, sondern der verwehrte Zugang zu westlichen Finanzierungen, so Energieminister Alexandr Nowak im Interview mit der „Presse“ über den staatstragenden Ölsektor.

Ähnlich dem Land insgesamt wurde auch die Börse durch die Folgen der Ukraine-Krise verändert. So zumindest sieht das Anton Soroko, Analyst der Investitionsholding Finam. Sorokos Befund fällt dabei durchaus nicht negativ aus. In einer Analyse deutet er einige Momente als „Beginn einer positiven langfristigen Dynamik auf dem russischen Finanzsektor“. Laut Statistik der Moskauer Börse zog die Hauptmasse der westlichen Investoren schon lang vor Beginn der Sanktionen, nämlich schon 2012, aus Russland ab, wohingegen ab Jänner 2014 bis Frühjahr 2015 die Handelsaktivität wieder zunahm. Für die vergangenen Monate teilt auch Judajewa den Befund: Russische Aktiva würden zu den weltweit einträglichsten gehören und seien beliebt, weil sich die Wirtschaft als weitaus schockresistenter erwiesen habe, als dies erwartet worden sei.

Wandel und Damoklesschwert

Was Judajewa nicht sagt, sagt Citi Research: Die politischen Risken im Vorjahr hatten sogar mehr Einfluss auf den Aktienmarkt als selbst der signifikante Ölpreisverfall. Auch russische Firmen streichen in ihren Jahresberichten das politische Risiko durch die Ukraine und die Sanktionen als größtes Damoklesschwert hervor.

Als nachhaltigste Veränderung auf der Börse nennt Soroko aber die Tatsache, dass sich das Parkett im Vergleich zu früher weniger homogen entwickelt und stattdessen sektoriell diversifiziert hat: Während etwa der Transportsektor sehr verloren habe, hätten sich der Metallsektor und der Bergbau zum Spitzenreiter aufgeschwungen. [ iStockphoto ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2015)

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