EU plant Kampf gegen Schlepper

Das Geschäftsmodell der  der Schlepper- und Schmugglerorganisationen soll zerstört werden.
Das Geschäftsmodell der der Schlepper- und Schmugglerorganisationen soll zerstört werden. (c) APA/EPA/STR (STR)
  • Drucken

Die EU-Außen- und Verteidigungsminister beraten am Montagvormittag über die Flüchtlingskrise und Europas geplanten Militäreinsatz gegen Schlepper im Mittelmeer

Skrupellose Menschenschmuggler konnten in Libyen bisher relativ ungehindert ihren illegalen Geschäften nachgehen. Nach den jüngsten Bootsunglücken im Mittelmeer soll damit jetzt Schluss sein. Die EU-Außen- und Verteidigungsminister beraten am Montagvormittag über die Flüchtlingskrise und Europas geplanten Militäreinsatz gegen Schlepper im Mittelmeer. Ein Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs hatte im April Vorbereitungen für eine Mission beschlossen, die Boote der Schleuser identifizieren und zerstören soll.

"Das Ausschalten von Schlepper- und Schmugglerorganisationen ist ein Weg, um Leben zu retten" - mit Sätzen wie diesem wirbt die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini seit Tagen für einen umfassenden EU-Militäreinsatz gegen Kriminelle, die Migranten mit kaum seetüchtigen Schiffen auf den Weg übers Mittelmeer schicken. An diesem Montag sollen die Außen- und Verteidigungsminister der EU-Staaten der Italienerin grünes Licht für weitere Planungen geben. Nach den schweren Bootsunglücken der vergangenen Monate wird mit Spannung erwartet, wie weit die Beschlüsse reichen werden.

Mogherini wird bei dem Treffen in Brüssel - an dem auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) teilnehmen werden - ihre Pläne im Detail vorstellen und über den Stand der Bemühungen informieren, für den Einsatz ein UN-Mandat zu bekommen.

Vier-Phasen-Plan

Die Bandbreite dessen, was im Kampf gegen Schlepperbanden theoretisch möglich ist, ist groß. Mogherinis Militärexperten haben vor einigen Tagen als Diskussionsgrundlage einen Vier-Phasen-Plan vorgeschlagen. Er reicht von Festnahmen von Schleppern auf hoher See bis zur gezielten Zerstörung von Schiffen, die in libyschen Häfen liegen oder vor der Küste ankern.

Als Vorbild gilt der Anti-Piraterie-Einsatz am Horn von Afrika. Seit Jahren patrouillieren europäische Kriegsschiffe dort im Indischen Ozean. In Somalia sind mittlerweile außerdem Militäreinsätze gegen Piratenlager an Land erlaubt. Als Ergebnis ging die Zahl der Angriffe auf Schiffe drastisch zurück. Offensichtlich schreckte die Kriminellen allein die Drohkulisse ab. Bisher musste nur ein Piratenlager an Land angegriffen werden.

Alles also ganz einfach? Davon ist in der Europäischen Union nicht jeder überzeugt. In deutschen Regierungskreisen wird darauf verwiesen, dass etliche Fragen noch nicht abschließend geklärt sind. Beispielsweise die, was mit festgenommenen Schleppern passieren soll. Der Großteil von ihnen müsste in Libyen vor Gericht gestellt werden. Dort gibt es aber wegen des Bürgerkriegs kein funktionierendes Rechtssystem mehr. Eine andere Frage ist, ob Militäreinsätze in Libyen nicht die Friedensbemühungen der Vereinten Nationen negativ beeinträchtigen.

EU-Beauftragte arbeitet an Resolution

Darüber hinaus gibt es durchaus auch grundsätzliche Zweifel am Sinn des Militäreinsatzes. "Man kann dieses Problem nicht mit Bomben auf Schiffe lösen", kommentierte jüngst der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn in einem Interview mit ARD und ZDF. Ganz abgesehen davon glaube er nicht daran, dass ein Land wie Russland einem solchen Vorhaben im UN-Sicherheitsrat zustimmen werde.

Die EU-Außenbeauftragte sah das in der vergangenen Woche nach Gesprächen in New York anders. Sie sei zuversichtlich, dass es in absehbarer Zeit eine entsprechende Resolution gebe, berichtete sie im Anschluss. Dabei betonte sie auch, dass es nicht darum gehe, Schiffe zu versenken. "Wichtig für die EU ist, das Geschäftsmodell der Schlepper- und Schmugglerorganisationen zu zerstören", so die Italienerin. "Sie verkaufen Hoffnung, aber anstelle von Hoffnungen liefern sie dann Tod."

Keine echte Antwort hat Mogherini allerdings auf die Frage, was mit den vielen Migranten und Flüchtlingen geschehen soll, die bereits nach Libyen gekommen sind, um dort auf eines der Boote in Richtung Europa zu kommen. In diesem Zusammenhang kann sie nur darauf verweisen, dass der Kampf gegen die Schlepper nur eine von vielen Säulen der neuen EU-Flüchtlingspolitik sein soll. Mehr Möglichkeiten zur legalen Einwanderung, eine bessere Entwicklungspolitik - all das soll es natürlich auch geben.

(APA/dpa/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

A group of 300 sub-Saharan Africans sit in board a boat during a rescue operation by the Italian Finance Police vessel Di Bartolo off the coast of Sicily
Weltjournal

Im Namen der Menschlichkeit

Die Europäische Union hat ein System der Abwehr von Flüchtlingen geschaffen und lässt Menschen lieber im Mittelmeer ertrinken, als sie zu retten.
Europa

Migration: Quoten für Schutzbedürftige

Die Kommission will Griechenland und Italien entlasten und 40.000 Asylbewerber auf die restlichen EU-Mitglieder verteilen. Sie bietet 6000 € pro Flüchtling.
Leitartikel

Das Boot ist voll, aber auch wir sitzen darin

Obwohl es zu viele sind, wird die Verpflichtung, verfolgte Menschen aufzunehmen, nicht kleiner. Aber es braucht komplexe Lösungen.
Europa

Grenzschutz: Frontex weitet Einsatz aus

Mission Triton sucht bis 255 Kilometer südlich Siziliens.
Syrische Flüchtlinge in Griechenland
Europa

EU legt Entwurf zu Verteilung von Flüchtlingen vor

Österreich müsste nach dem Quotenvorschlag der Kommission 1213 Menschen aufnehmen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.