Rupprechter: "TTIP nicht zur Katastrophe erklären"

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter
Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Landwirtschaftsminister zeigte sich skeptisch zu einem Abschluss in den Verhandlungen noch unter der Obama-Regierung.

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) hat sich am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum" skeptisch gezeigt, dass das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und Europa noch unter der derzeitigen US-Regierung abgeschlossen wird. Für Barack Obama werde es - nach den Querschüssen im Kongress und Senat - relativ schwer sein, ein Verhandlungsmandat zustande zu bringen.

Derzeit hätten die USA noch kein Verhandlungsmandat. Ein Zeitfenster für einen Abschluss gebe es noch bis zum März des kommenden Jahres. "Derzeit überwiegt bei mir die Skepsis", sagte Rupprechter.

Umwelt- und Sozialstandards unter Druck

Bei TTIP stünden Interessen im Vordergrund, die das, was man sich in Österreich und Europa erkämpft habe - nämlich hohe Umwelt- und Sozialstandards und gesicherte öffentliche Dienstleistungen - unter Druck kommen, erläuterte Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, den Widerstand der Grünen zum geplanten Abkommen. Die Landwirtschaft in Europa, den USA und in Österreich weise zudem völlig unterschiedliche Strukturen auf, wie Lebensmittel produziert werden. Auch dass die Verhandlungen bisher hinter verschlossenen Türen stattgefunden haben, störe sie als "Bürgerin und Parlamentarierin" massiv.

Es sei kein guter Tipp, TTIP zur Katastrophe zu erklären, konterte Rupprechter. Ihm gehe es bei den Verhandlungen um die Konsumenten, den Erhalt der Lebensmittelstandard, um die Bauern, damit diese eine Perspektive zum Überleben haben und um die Frage der Märkte, denn sowohl Bauern als auch die Wirtschaft bräuchten Absatzmärkte. Mit dem Abbau von Zöllen hätte man weitere Chancen, auf dem US-Markt zu reüssieren.

Gefahr für landwirtschaftliche Vielfalt

Erich Stekovics, Landwirt aus dem Burgenland, meinte, er sehe eine große Gefahr für die Vielfalt. In den USA könne man sehen, wie groß die landwirtschaftlichen Betriebe geworden seien und wie wenige Menschen sie beschäftigten. Österreich tue sich schon in der EU schwer, weil die Betriebe immer größer werden. Zudem gebe es einen wahnsinnigen Preisdruck, etwa auch im Biobereich. "Ein sehr hochwertiges Lebensmittel wird immer auch mit dem billigsten aufgewogen", so Stekovics.

Für die Industrie sei TTIP sehr wichtig, betonte der neue Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Vorarlberg, Martin Ohneberg. Vorteile würden sich vor allem aus Standardisierungen und Regulierungen ergeben. Durch die Vereinheitlichung gewisser Regelungen könnten Mehrkosten etwa bei Zertifizierungen erspart werden.

Sonderklagerecht nicht nötig

Auch der umstrittenen Investorenschutz nahm in der Diskussion breiten Raum ein. Das System, dass Investoren Staaten klagen können, wenn sie sich eingeschränkt fühlten, sei völlig aus dem Ruder geraten, meinte der Europa-Experte der Arbeiterkammer, Valentin Wedl. Diese Sonderklagsrechte brauche man nicht, um Investitionen anzuziehen, schon gar nicht zwischen hoch entwickelten Staaten. "Man legt sich vor den Investoren auf den Boden", so Wedl.

Er denke, dass es hier einen Kompromissvorschlag geben wird, der mehr in die Richtung internationale Gerichtsbarkeit geht, meinte Rupprechter. "Es geht sicher nicht darum, dass Konzerne europäisches Recht aushebeln können. Das gilt es zu vermeiden", so Rupprechter. Ohneberg gab zu Bedenken, dass die Rechtskulturen in den USA und Europa komplett anders wären, und sprach sich für eine "unabhängige Stelle" aus, auch in entwickelten Rechtssystemen.

Für Lunacek ist auch der von der EU-Kommission vorgeschlagen internationale Gerichtshof "nur ein Ablenkungsmanöver". So schnell - bis Jahresende - könne ein solcher gar nicht eingerichtet werden. Einen Investitionsschutz brauche man im Abkommen nicht, er würde nur Parlament und Demokratie aushebeln.

(APA)

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