Konjunktur: Deutschland zieht Österreich in den Keller

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Neue Daten gehen von einem Wirtschaftsrückgang von sechs Prozent in Deutschland aus. Das könnte auch Österreich schwer treffen, fürchten Experten und rechnen für die heimische Wirtschaft mit einem Minus von vier Prozent.

Die schlechten Konjunkturzahlen aus Deutschland drohen nun auch Österreichs Wirtschaft in den Keller zu ziehen: Aktuelle Daten gehen nicht länger von einem Schrumpfen der deutschen Wirtschaft um 3,5 Prozent aus, vielmehr rechnen die Experten mit einem Minus von sechs Prozent und damit mit der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Für Wifo-Konjunkturexperten Markus Scheiblecker bedeutet dies, dass man auch bei der österreichischen Prognose zwei Prozentpunkte abziehen muss. "Das hieße, dass die österreichische Wirtschaftsleistung im heurigen Jahr um ungefähr vier Prozent zurückgehen würde", erklärte er am Freitag im Ö1-"Morgenjournal".

Die heimische Wirtschaftsleistung ist stark vom großen Nachbarn abhängig, ein Viertel der Waren wird nach Deutschland geliefert. Im Wifo lässt man sich allerdings noch Zeit mit einer Revision seiner Prognose. Man müsse erst abwarten, ob auch die eigenen Berechnungen ein derartiges Minus in Deutschland ergeben. "Wir haben eher den Mittelpfad gewählt und nehmen an, dass ab dem zweiten Halbjahr die österreichische Wirtschaft aufgrund der konjunkturpolitischen Maßnahmen stagnieren wird", sagte Scheiblecker. "Und auch für Deutschland rechnen wird damit, dass die Maßnahmen langsam greifen."

IHS-Experte: Export-Wegfall wird uns "voll treffen"

Darauf hoffen auch die Konjunkturexperten des Instituts für höhere Studien (IHS): Zwar habe man die Lage in Deutschland von Anfang an viel pessimistischer eingeschätzt und mit minus 4,25 Prozent gerechnet, erklärte IHS-Konjunkturexperte Helmut Hofer im Gespräch mit Ö1. Trotzdem stehe es außer Frage, dass das Wegbrechen der Exporte nach Deutschland Österreich "voll treffen" werde. Angesichts der schlechteren Daten aus Deutschland geht Hofer von einem Konjunkturrückgang in Österreich um 3,75 bis vier Prozent aus.

Ihre nächste Konjunkturprognose werden die beiden Institute im Juni veröffentlichen. An den Wirtschaftsdaten hängt auch die Budgetentwicklung. Schrumpft die Wirtschaft noch stärker, sinken auch die Steuereinnahmen weiter und die Schulden schwellen an.

Stimmung in Deutschland bessert sich

Die deutsche Wirtschaft hofft auf ein Ende der Konjunktur-Talfahrt. Im April hellte sich die Stimmung der Unternehmen nach zwei Rückgängen in Folge überraschend deutlich auf. Der ifo-Geschäftsklimaindex stieg von 82,2 Punkten im Vormonat auf 83,7 Punkte. Vor allem ihre Zukunftsaussichten schätzten die befragten Unternehmen deutlich optimistischer ein, aber auch die Urteile zur gegenwärtigen Lage verbesserten sich. "Der Rückgang der Wirtschaftsleistung dürfte sich damit deutlich verlangsamen", erklärte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.

Der ifo-Index gilt als wichtigster Frühindikator der deutschen Wirtschaft. Er wird aus der monatlichen Befragung von rund 7.000 Unternehmen aus Industrie, Groß- und Einzelhandel sowie aus der Bauwirtschaft ermittelt. Vor allem der Index für die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate legte im April zu von 81,6 auf 83,9 Punkte. Der Index für die derzeitige Geschäftslage stieg von 82,7 auf 83,6 Punkte.

Optimismus trotz Mega-Rezession

Noch am Vortag hatten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Frühjahrsgutachten für dieses Jahr einen Einbruch der Wirtschaftsleistung um sechs Prozent prognostiziert. Dennoch rechneten viele Experten bereits damit, dass sich das Geschäftsklima wieder etwas bessert, allerdings hatten sie einen geringeren Anstieg prognostiziert. Der ifo-Konjunkturexperte Gernot Nerb sieht Signale dafür, dass sich die Wirtschaft dem Tiefpunkt nähert. Unsicher sei aber noch, ob eine längere Talsohle bevorstehe oder die Konjunktur rasch wieder auf die Beine komme.

(Ag/Red.)

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