Ein neuer Trend: Das Frühstücksei vom eigenen Huhn. Darf ich im Hinterhof, im Garten, auf der Terrasse Hendln haben?
Egal, ob Stadt oder Land, Hühnerhaltung wirft nachbarschaftsrechtliche Fragen auf und in manchen Fällen werden Ei-Liebhaber aus rechtlichen Gründen doch den Weg zum Supermarkt antreten müssen. Im nachbarschaftlichen Zusammenleben können nämlich Lärm und Geruch rechtswidrige Immissionen, also Beeinträchtigungen fremden Eigentums, darstellen. Die Messlatte, ob eine solche Beeinträchtigung rechtswidrig ist, wird definiert durch Ortsüblichkeit und Zumutbarkeit der Einwirkung. Gemäß §364 Abs. 2 ABGB kann ein Grundeigentümer einen Unterlassungs-/Beseitigungsanspruch haben, wenn vom Grundstück des Nachbarn (darunter sind alle im Einflussbereich der Liegenschaft liegenden Grundstücke zu verstehen) Beeinträchtigungen ausgehen, die das nach den jeweiligen örtlichen Verhältnissen übliche Maß übersteigen und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinflussen. Es kommt also immer auf den jeweiligen Einzelfall an.
Soll also die potenziell künftige Eigeneiproduktion in einer Umgebung stattfinden, in der Hühnerhaltung ortsüblich ist – etwa, weil es sich um ein von hühnerhaltenden Bauernhöfen umgebenes Grundstück am Land handelt oder sich ein Hinterhof zwar im urbanen Umfeld befindet, allerdings gemeinschaftlich zur Hühnerhaltung genutzt wird – kann davon ausgegangen werden, dass spezifisches Gackern und Geruch ortsüblich sind und, gemessen an den ortsüblichen Verhältnissen, die Benutzung des Grundstücks nicht unzumutbar beeinträchtigen.
Mangels ortsüblicher Hühnerbetriebe wird in realiter kaum jemand zum rechtmäßig glücklichen Hühnerhalter im städtischen Umfeld avancieren. Abgesehen von immissionsrechtlichen Normen ist übrigens auch das Tierschutzgesetz zu beachten. Immerhin geht es nicht nur um den kulinarischen Genuss, sondern vor allem auch um das Wohl der Tiere, das bei Balkonhaltung eher fragwürdig scheint.
Christian Marth ist Immobilienrechtsexperte und Partner bei Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte.