Die Ampelpärchen vermehren sich

Nächste Woche soll es Häferln mit Ampelpärchen-Sujets geben
Nächste Woche soll es Häferln mit Ampelpärchen-Sujets gebenHamtil
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Die Wiener Ampelpärchen werden von München kopiert, auch Innsbruck überlegt die Einführung. Die Vermarktung als Souvenirartikel hat eben begonnen.

Wien. Das inflationär gebrauchte Wort Hype darf man in diesem Fall wohl zurecht verwenden: Denn seit der Ampelmann in Wien nicht mehr überall Single ist, sondern an 49 (von rund 1300) Kreuzungen paarweise Rot und Grün anzeigt, ist die (fast) kollektive Begeisterung groß. So groß, dass die Ampelpärchen – zwei Frauen, zwei Männer und ein heterosexuelles Paar –, nicht nur permanent bleiben dürfen, sondern sich auch vervielfachen werden.

Als Souvenirs etwa. Nach Vorbild des wohl berühmtesten Ampelmännchens der Welt, jenem in Berlin nämlich, das von der deutschen Hauptstadt intensiv vermarktet wird, werden die Wiener Ampelpärchen in Kürze in Mitbringselform verfügbar sein: Im Vienna Store in der Herrengasse, gibt es ab heute, Mittwochnachmittag, Postkarten mit den Ampelpärchen. Ab Freitag wird es Magnete geben, nächste Woche sollen Häferln mit Ampelpärchen-Sujets folgen. „Die Touristen haben schon danach gefragt“, sagt Geschäftsführerin Sibylle Hamtil, die mit ihrem Mann die Souvenirs selbst produziert. Auch die Wiener Grünen steigen ins Souvenir-Geschäft ein und verkaufen ab Mittwoch Ampelpärchen-T-Shirts in der Wiener Planungswerkstatt hinter dem Rathaus.

Seit die grüne Vizebürgermeisterin, Maria Vassilakou, am Montag bekannt gegeben hat, dass die Ampelpärchen, die als Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit der Stadt nur für die Dauer von Life Ball und Song Contest gedacht waren, dauerhaft bleiben, feilt man im Vienna Store (und wohl nicht nur dort) an Souvenirs mit dem Ampelsujet. „Das muss man schnell machen“, sagt Hamtil. Denn so ein Hype könne auch rasch wieder zu Ende gehen.

Danach sieht es derzeit allerdings eher nicht aus. München kopiert das Wiener Vorbild und führt rechtzeitig zum Christopher Street Day am 11. Juli schwule und lesbische Ampelmännchen und -frauen ein.

Während München sehr schnell reagiert hat, geht es in Österreich bedeutend langsamer. Zwar fordern mehrere Facebook-Gruppen mittlerweile Ampelpärchen für Graz, Salzburg, Linz und Innsbruck, die Politik reagiert aber eher abwartend bis zögerlich. In Linz etwa ist Bürgermeister Karl Luger (SPÖ) den Ampelpärchen gegenüber „nicht abgeneigt“, konkrete Pläne gibt es aber ebenso wenig wie in Salzburg, wo man sich im Büro von Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) „überhaupt noch nicht mit dem Thema beschäftigt“ hat. Sollte sich die Facebook-Gruppe an die Stadt wenden, werde man den Vorschlag aber „prüfen“.

Was durchaus eintreten könnte: Die Facebook-Gruppe „Salzburg braucht Ampelpärchen“ ist nach eigenen Angaben mit einigen Gemeinderäten im Gespräch und plant ein Schreiben an alle Gemeinderäte, um für Unterstützung für die Salzburger Ableger der homo- und heterosexuellen Ampelpaare zu werben.

Die Wiener Grünen auf Twitter:

Innsbruck könnte nachziehen

Am besten scheinen die Chancen in Innsbruck zu stehen: Die zuständige grüne Verkehrsstadträtin, Sonja Pitscheider, findet die Wiener Idee „eine tolle Geschichte“ und hält Ampelpärchen für Innsbruck für „durchaus überlegenswert“. Sie prüft gerade die Kosten, möchte die Ampelpärchen aber nur dann einführen, wenn sie dafür eine Mehrheit im Gemeinderat findet – wovon sie aber ausgeht.

In der Steiermark wirbt die Sozialistische Jugend massiv für die Installation der Ampelpärchen an Grazer Kreuzungen, was keine leichte Aufgabe wird: Der zuständige Landesrat, Mario Eustacchio, von der FPÖ lehnt die gleichgeschlechtlichen Ampelpaare wenig überraschend ab. „Für mich dient die Ampel zur Sicherheit der Verkehrsteilnehmer“, sagt er. „Für solche Spielereien habe ich kein Verständnis.“ Einem Mehrheitsbeschluss im Gemeinderat würde er sich aber „fügen“.

Dass die Wiener Ampelpärchen zur fixen Institution werden, ein beliebtes Fotomotiv bleiben (mit besten Chancen auf Kultcharakter à la Berlin), liegt auch an der Facebook-Gruppe „Die Wiener Ampelpärchen sollen bleiben“, die sich massiv für den Verbleib eingesetzt hat. Hinter der Facebook-Seite steht eine Gruppe rund um die Filmwissenschaftlerin Ursula Raberger, die auch das queer-israelische Clubbing Kibbutz Klub veranstaltet. „Die Ampelpärchen sind ein wunderschönes Zeichen für Akzeptanz und Vielfalt“, so Raberger. „Uns war gleich klar: Sie müssen bleiben.“

Schwule Ampelmänner im Skigebiet?

Die Idee für die Ampelpärchen hatte nach Angaben ihres Büros übrigens Verkehrsstadträtin Vassilakou selbst, inspiriert von einer australischen Stadt, die kreative (aber nicht gleichgeschlechtliche) Ampelmotive ausprobiert hat. Grafisch umgesetzt wurden die drei Wiener Pärchen vom Verkehrsplanungsbüro FCP. Den Kosten – pro Ampel 1285 Euro – steht dabei ein enormer Werbewert gegenüber: Von Brasilien bis Japan berichteten renommierte Zeitungen ebenso wie Blogs und andere Onlineportale. Wer „gay traffic lights Vienna“ auf Google eintippt, bekommt 272.000 Ergebnisse.

Die Bundes-SPÖ ist jedenfalls auf die grüne Idee aufgesprungen: SPÖ-Tourismussprecher Max Unterrainer fordert eine österreichweite Ausweitung und kann sich sogar einen Einsatz in Skigebieten (!) vorstellen.

Die Rechtslage

In Wien wurden zuletzt an 49 Standorten Ampelpärchen angebracht. Zu sehen sind entweder ein Mann und eine Frau, zwei Frauen oder zwei Männer - Hand in Hand bzw. inklusive eines Herzchensymbols. Ursprünglich war geplant, die Aktion bis Ende Juni zu befristen.

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) schreibt nicht vor, wie Figuren auf einer Fußgängerampel auszusehen haben. Es müssen bloß „leicht erkennbare Lichtzeichen“ sein, wie § 38 (8) StVO normiert. In Frage kämen also alle Zeichen, in denen sich Fußgänger als solche wieder erkennen können.

Ausdrücklich geregelt ist hingegen, wie oft eine Fußgängerampel grün zu blinken hat, bevor sie auf Rot wechselt. Viermal, wobei die Leucht- und die Dunkelphase abwechselnd je eine halbe Sekunde zu betragen haben. Diese Blinkregel gilt auch für andere Ampeln.

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