Der AfD-Gründer startete Onlineplattform für die verbliebenen Mitstreiter in seiner Partei.
Straßburg. www.weckruf2015.de – wer seit Montag diese Adresse im Internet ansteuert, findet sich bei der Alternative für Deutschland (AfD) wieder. Oder besser gesagt, bei einem Teil der euroskeptischen deutschen Protestpartei, die vor zwei Jahren vom Ökonomen Bernd Lucke gegründet wurde. Nun scheinen Lucke und seinen Mitstreitern offenbar die Felle davonzuschwimmen, denn in der AfD vollzieht sich ein Machtkampf im Zeitlupentempo. Der Weckruf ist der – wohl letzte – Versuch, die Partei auf den ursprünglich festgelegten Kurs der fundierten Kritik zu verpflichten.
In der AfD gebe es einen „lauten Teil“, der fundamental gegen den Westen, die EU, die Nato opponiere, beklagte sich Lucke am Dienstag in Straßburg. Damit gemeint ist die Fraktion um Ko-Parteivorsitzende Frauke Petry, die der Partei ein rechtspopulistisches Profil verpassen möchte. Teile dieses Flügels würden die AfD gern zu einer deutschen Nationalfront nach dem Vorbild des französischen Front National von Marine Le Pen umgestalten, sagte Lucke. Seiner Ansicht nach hat „ein deutscher Front National keine Chance“. Der Verein Weckruf 2015 ist als Anlaufstelle für jene Parteimitglieder gedacht, die an der liberalkonservativen Ausrichtung festhalten wollen – und als Druckmittel im Kampf um die Macht an der Parteispitze. Denn während Lucke bei der Basis nach wie vor beliebt ist, hat Petry Sympathisanten bei den AfD-Funktionären.
Beim bevorstehenden Parteitag könnte der AfD-Gründer demontiert werden. Für diesen Fall wollen Lucke und seine Mitstreiter – dazu zählen der Industrielle Hans-Olaf Henkel und Wirtschaftsprofessor Joachim Starbatty – die Abspaltung und Gründung einer neuen Partei nicht ausschließen. Auch zu diesem Zweck scheint die Onlineplattform Weckruf 2015 gut geeignet zu sein. (la)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2015)
