Song Contest: Fünf Erkenntnisse nach dem ersten Semifinale

Eurovision Song Contest 2015
Eurovision Song Contest 2015(c) ORF (Milenko Badzic)
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Das europäische Wettsingen beherrscht dieser Tage die (sozialen) Medien. Ein Zwischenfazit nach dem ersten Semifinale.

Ob Song-Contest-Fans oder -Hasser, das europäische Wettsingen beschäftigt die Menschen, auch wenn sie auf sozialen Netzwerken ihr Desinteresse bekunden. Das erste Semifinale am Dienstagabend hat jedenfalls einige Erkenntnisse geliefert:

  • Qualität der Musik schwankt stark: Hier liegen die Song-Contest-Kritiker im Großen und Ganzen richtig. Viel Schmalz und Pathos, müde Arrangements, so manche dünne Stimme. Nein, der ESC ist kein Spiegelbild der zeitgenössischen musikalischen Trends und auch nicht State of the Art. Das ist aber auch nicht die Maxime der Veranstaltung. Heuer liegt der Trash-Faktor im erträglichen Bereich und einzelne Stücke (im ersten Semifinale: Belgien mit zeitgemäßen Pop à la Lorde, der 60s angehauchte Beitrag von Estland) sind mehr als nur solide.
  • Durchaus gelungenge ORF-Übertragung: Die verstaubte Stadthalle wurde für den Song Contest rausgeputzt. Der ORF präsentierte eine beeindruckende, organische Bühne. Auch das Moderatorinnentrio hat einen guten Job gemacht, wobei vor allem Alice Tumler (akzentfreies Englisch und Französisch) hervorzuheben ist. Bei den Pressekonferenzen glänzt FM4-Moderatorin Riem Higazi mit Lockerheit und Schmäh. Der Sender braucht mehr ModeratorInnen von dieser Sorte. Einen Minuspunkt gibt es für den uninspirierten Vorbericht.
  • Falsche These der ESC-Zyniker: All jene, die im Vorfeld davon ausgingen, dass die finnische Punkband Pertti Kurikan Nimipäivät (drei Bandmitglieder haben das Down Syndrom, eines ist Autist) aus Mitleid den Song Contest gewinnt, liegen falsch. Die Formation schied im ersten Semifinale aus. Die Inklusion - beim zweiten Semifinale tritt die Polin Monika Kuszynska (sie sitzt seit 2006 im Rollstuhl) an - war dennoch ein richtiges Zeichen. Die Finnen haben den Song Contest bereichert, menschlich, musikalisch und modisch.
  • Song Contest erlaubt Patriotismus der positiven Sorte: Wer vor der Stadthalle auf den Einlass wartete, in der Halle stand/saß oder nach der Show auf die U-Bahn wartete, hat es gemerkt: Die Song-Contest-Fans, ob hetero- oder homosexuell, sind friedlich und freundlich. Ja, sie haben ihre (großen) Flaggen und (kleinen) Fähnchen mit, aber anders als bei so manchen Sportveranstaltungen, steht das gemeinsame Erlebnis im Vordergrund. Nationalismus sieht anders aus. Skurrilität in diesem Zusammenhang: So mancher österreichischer Journalist wunderte sich auch über die Kollegen aus dem Ausland, die ihre Länder mit Fahnen und ähnlichem repräsentierten. Die Grenze zwischen Job und Fantum verläuft beim ESC anscheinend fließend.
  • Song Contest hat Zukunft: 60 Jahre ist eine imposante Zahl. Dass der Song Contest ein virales Großereignis (Trend auf Twitter) ist, wird wohl auch jene überraschen, die das lineare Fernsehen abgeschrieben haben. Die Zuschauerzahlen werden heuer wohl die 100 Millionen überschreiten. Das liegt an Gastteilnehmer Australien sowie an China. Erstmals wird der ESC in China live übertragen. Angesichts dessen ist es wohl gar nicht so unwahrscheinlich, dass auch Asien in (naher oder ferner) Zukunft am Song Contest teilnimmt. Ein rein europäisches Wettsingen ist es ja schon heuer nicht mehr. Womöglich ist die Ausweitung in andere, größere Märkte aber ein ertragreiches Zukunftsmodell für den ESC.

Wer kam weiter?

AUFSTEIGER INS ESC-FINALE AM 23. MAI

  • ALBANIEN Elhaida Dani "I'm Alive"
  • ARMENIEN Genealogy: "Face The Shadow"
  • BELGIEN Loic Nottet: "Rhythm Inside"
  • ESTLAND Elina Born & Stig Rästa "Goodbye To Yesterday"
  • GEORGIEN Nina Sublatti "Warrior"
  • GRIECHENLAND Maria Elena Kiriakou "One Last Breath"
  • RUMÄNIEN Voltaj "De la capat"
  • RUSSLAND Polina Gagarina "A Million Voices"
  • SERBIEN Bojana Stamenov "Beauty Never Lies"
  • UNGARN Boggie "Wars For Nothing"

AUSGESCHIEDEN IM 1. HALBFINALE am 19. MAI

  • DÄNEMARK Anti Social Media "The Way You Are"
  • FINNLAND Pertti Kurikan Nimipäivät "Aina mun pitää"
  • MAZEDONIEN Daniel Kajmakoski "Autumn Leaves"
  • REPUBLIK MOLDAU Eduard Romanyuta: "I Want Your Love"
  • NIEDERLANDE Trijntje Oosterhuis: "Walk Along"
  • WEISSRUSSLAND Usari & Maimuna "Time"

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