ÖVP: Bankgeheimnis wird Belastungsprobe

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Symbolbild: Tresor(c) Michaela Bruckberger
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In der ÖVP rumort es: Die steirischen Mandatare wollen bei der geplanten Kontoöffnung nicht mitstimmen. Auch der Justizminister ist dagegen. Dabei kam die Idee dazu ausgerechnet aus der Volkspartei.

Wien. Es war gut gemeint – aber gut gemeint ist, wie Kurt Tucholsky wusste, das Gegenteil von gut. 13 Punkte war die Ideenliste der ÖVP „zur Bekämpfung des Steuer- und Sozialbetrugs“ lang, die sie vor Monaten bei den Verhandlungen zur Steuerreform vorlegte. Mit den Vorschlägen bot man der SPÖ Alternativen zur Vermögens- und Erbschaftssteuer, die die ÖVP mit aller Macht verhindern wollte.

Einer der 13 Punkte: „Bankauskünfte bei Abgabenprüfung“. Also die Abschaffung des Bankgeheimnisses, wenn die Finanzbehörden ein Unternehmen oder eine Einzelperson prüfen. 700 Millionen Euro werde das im ersten Jahr bringen, rechnete die ÖVP vor. Tatsächlich kam die Vermögens- und Erbschaftssteuer nicht. Dafür aber naht das Ende der Anonymität. Und dies wird nun zur Belastungsprobe für Parteichef Reinhold Mitterlehner. Am Donnerstag, bei der Konstituierung des steirischen Wirtschaftskammerparlaments, rief der wahlkämpfende steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer den Delegierten zu, dass mit der geplanten Kontoöffnung über das Ziel hinausgeschossen werde. Und er kündigte ein Veto der steirischen Abgeordneten im Parlament in Wien an.

Und auch Justizminister Wolfgang Brandstetter, Teil des ÖVP-Regierungsteams, hat Bedenken. Der Justizminister unterstützt zwar die „äußere Kontoöffnung“ ohne vorigen richterlichen Beschluss, nicht jedoch die „innere“. Bei der „äußeren“ wird der Name eingegeben, und man kann nachschauen, wo der Betroffene ein Konto hat. Bei der „inneren Kontoöffnung“ würde man den Kontoauszug sehen können. „Das ohne richterlichen Beschluss zu machen – da sind wir skeptisch“, heißt es aus dem Justizministerium.

Grüne verlangen „Garantieerklärung“

Vizekanzler Mitterlehner reagierte im Gespräch mit der „Presse“ auf die Kritik Schützenhöfers so: „Dass man mit Krach eine offene Tür aufmacht, ist in Ordnung. Ich bin Parteileben gewöhnt.“ Derzeit laufe die Begutachtung, Korrekturen danach seien normal. „Ich sehe das entspannt“, meinte er. Aber Mitterlehner fügte auch hinzu: „Ich kann den Bedenken etwas abgewinnen.“
Stimmen die steirischen Abgeordneten nicht mit, würde die Zweidrittelmehrheit fehlen – selbst wenn die Grünen mitstimmen würden. Auch diese gehen auf Distanz. Grünen-Chefin Glawischnig forderte von ÖVP-Chef Mitterlehner und Finanzminister Hans Jörg Schelling eine „Garantieerklärung“, dass die ÖVP geschlossen dahinter stehe, „Steuerbetrug im großen Stil“ bekämpfen zu wollen. Bis dahin seien die Verhandlungen sistiert.

In der ÖVP, insbesondere in der steirischen, ging es gestern drunter und drüber. Erst schwächte Landesparteichef Schützenhöfer seine Veto-Drohung ab: „Es gibt nichts zu drohen.“ Man stehe erst am Beginn der Begutachtung und die steirischen Abgeordneten würden zustimmen. Einige Stunden später jedoch bekräftigte Schützenhöfer wieder, dass es ohne Korrekturen nicht ginge. Sonst könne er seinen Mandataren nicht empfehlen, zuzustimmen. Es könne nicht sein, dass ein Staatsanwalt einen Richterbeschluss brauche, um bei einem Terrorverdächtigen das Konto zu öffnen, aber ein weisungsgebundener Finanzbeamter das Konto der Krankenschwester, des Tischlers oder des mittleren Unternehmers anschauen dürfe. Er sei gegen „flächendeckende Schnüffelei.“

In der „ZiB2“ am Freitagabend wurde Schützenhöfer schließlich erneut befragt – und wiederholte: „In der ich bin der Meinung, dass der Staat seine Bürger beschützen sollte, nicht aber beschnüffeln und bespitzeln.“ Im Entwurf finde sich ein „Generalverdacht an alle Österreicher. In diesem Fall hat die Bundesregierung über's Ziel geschossen und ich möchte, dass wir das korrigieren.“

Einheitlicher die Linie der Sozialdemokraten: Für die SPÖ schloss Klubchef Andreas Schieder Nachverhandlungen aus.

Künstler zahlen mehr Mehrwertsteuer

Unmut herrscht auch unter Künstlern. Im Entwurf zum Umsatzsteuergesetz ist davon die Rede, dass die Mehrwertsteuer für Künstler auf 13 Prozent angehoben wird. Also nicht nur für Theaterkarten, Kinokarten, Bücher. Sondern es wären freischaffende Künstler direkt betroffen, beim Verkauf ihrer Objekte beispielweise. „Das stand so Ministerratsvortrag im März und findet sich nun in der Legistik wieder“, heißt es aus dem Finanzministerium.

(''Die Presse'', Print-Ausgabe, 23.05.2015)

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Kommentare

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Sie hätte für starken Rückenwind für die mehr oder weniger schwächelnden Koalitionspartner sorgen sollen – vor allem bei den drei Landtagswahlen.

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