Bisher hat die Union die gleichgeschlechtliche Ehe erfolgreich abwehren können. Nach dem Referendum in Irland wird aber die Kritik in den eigenen Reihen lauter. Dabei dürfte die vollständige Gleichstellung nur eine Frage der Zeit sein.
Berlin. Die Grünen wollen sie, die SPD will sie, die Linke will sie, die FDP will sie, nur die regierende Union will sie nicht und konnte in den vergangenen Jahren sämtliche Vorstöße zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe abschmettern. Hat sich in der früheren Koalition die FDP an diese Einstellung der CDU angepasst – zur Wahrung des politischen Friedens –, fällt diese Rolle nun dem aktuellen Koalitionspartner SPD zu. Oder wie der sozialdemokratische Bundesjustizminister, Heiko Maas, jüngst sagte: „In der Koalition mit CDU/CSU ist eine vollständige Gleichstellung leider nur schwer realisierbar.“
Nun ist das irische Referendum, bei dem die Mehrheit für die Einführung der Homo-Ehe gestimmt hat, nicht spurlos an Berlin vorübergegangen. Dabei plante die Koalition ohnehin ein paar Gesetzeskorrekturen für die Eingetragene Partnerschaft. Das betreffe insgesamt 23 Gesetze und Verordnungen, gab Maas dem Portal Spiegel Online bekannt. Unter anderem ist vorgesehen, dass homosexuelle Paare künftig jene Bescheinigung erhalten sollen, die sie für die Beschließung einer Partnerschaft im Ausland benötigen. Über den Gesetzesentwurf wird bereits am heutigen Mittwoch im Bundeskabinett beraten werden; denn statt einer schrittweisen rechtlichen Annäherung an die Ehe werden derzeit Rufe nach einer sofortigen, vollständigen Gleichstellung laut – wiewohl Maas die Erwartungen mit Blick auf die Union gleich wieder gedämpft hat.
„Über die Blockierer hinwegsetzen“
Nicht nur die Opposition übt Druck auf die Union aus, auch intern wird die Kritik lauter. Alexander Vogt vom Bundesverband Lesben und Schwule in der Union fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich „über die Blockierer in der CDU“ hinwegzusetzen. Nach dem Ja in Irland müsse nun auch in der Union etwas passieren: „Wenn selbst katholisch geprägte Länder wie Irland und Spanien die Ehe öffnen, zeigt das, wie sehr sich die gesellschaftliche Stimmung gedreht hat“, sagte Vogt dem „Spiegel“.
Unterdessen zeigt sich die Bundeskanzlerin – wie auch sonst bei dieser Frage – eher bedeckt. Eine Gleichstellung ist für sie selbst durchaus vorstellbar, den konservativen Teil der Union möchte sie aber auch nicht aufwiegeln. Dass es also innerhalb der Partei zu einem schnellen Konsens kommen wird, ist unwahrscheinlich. So warnt CDU-Vize Thomas Strobl die hauseigenen Kritiker vor einem Schnellschuss: Man solle sich an die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag halten, das heißt, bestehende Diskriminierungen beenden, aber keine völlige Gleichstellung, etwa in Form von uneingeschränktem Adoptionsrecht für Homosexuelle.
In Deutschland wurde die Verpartnerung 2001 ermöglicht; seit zwei Jahren besteht auch eine steuerliche Gleichstellung zur Ehe. Eine gemeinsame Adoption ist zwar nicht möglich, jedoch kann ein Partner das leibliche Kind des anderen adoptieren (Stiefkindadoption). Zudem ist seit vergangenem Jahr die Sukzessivadoption möglich: Hat ein Mann oder eine Frau im Alleingang ein Kind adoptiert, kann der Partner jenes Kind auch adoptieren. Trotz aller Debatten stellt die Antidiskriminierungsstelle im Bundestag fest: „Die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren ist in den vergangenen Jahren fast vollständig erreicht worden.“ (duö)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2015)