Kontoöffnung: Gerichtsbeschluss derzeit ab 100.000 Euro

THEMENBILD: ZENTRALES KONTOREGISTER / KONTOEINSICHT / BANKGEHEIMNIS / STEUERREFORM
THEMENBILD: ZENTRALES KONTOREGISTER / KONTOEINSICHT / BANKGEHEIMNIS / STEUERREFORM(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Das Bankgeheimnis ist schon derzeit durchlöchert: Bei 6500 Finanzstrafverfahren pro Jahr werden bis zu 200 Konten geöffnet. Forderung der Kritiker würden die bereits geltende gesetzliche Regelung einschränken.

Wien. Kritiker der von der Regierung geplanten Öffnung von Bankkonten haben besonders gefordert, die Einschau dürfe nur nach einem richterlichen Beschluss passieren. Eine solche Vorabentscheidung durch Gerichte wäre freilich eine Einschränkung und Verschärfung bereits bestehender Möglichkeiten. Die Regierung sieht damit ihr Vorhaben, Steuerbetrug im großen Stil stärker zu bekämpfen, begrenzt und gefährdet. Derzeit ist eine gerichtliche Entscheidung erst bei Beträgen ab 100.000 Euro bei Finanzstrafverfahren notwendig, bei Zollverfahren ab 50.000 Euro. Bei geringeren Beträgen ist freilich ab 33.000 Euro (15.000 bei Zollverfahren) immerhin ein Spruch eines Finanzsenats Voraussetzung.

Nach der jetzigen gesetzlichen Regelung gilt das Bankgeheimnis nicht im Zusammenhang „mit einem Strafverfahren auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung“ und nicht bei „eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzverfahren, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, gegenüber Finanzstrafbehörden“. Ausgenommen sind auch Verfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche. Zuständig ist grundsätzlich das jeweilige Finanzamt, eingeschränkt jedenfalls ab 100.000 durch einen Gerichtsbeschluss.

Nach Angaben des Finanzministeriums werden pro Jahr rund 6500 Finanzstrafverfahren abgeschlossen. Nach Schätzungen des Ressorts kommt es dabei zu 100 bis 200 Kontoöffnungen.

Öffnung künftig bei Bedenken

Laut dem Gesetzesentwurf, der jetzt noch bis 5.Juni in Begutachtung ist, gilt das Bankgeheimnis künftig gegenüber Abgabenbehörden des Bunds im Regelfall nicht bei Ermittlungsverfahren, wenn die Finanzbehörde „Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hegt“. Das bedeutet laut Regierung, dass ohne Steuererklärung keine Einschau erfolgt. Unklarheiten werden laut Bundesabgabenordnung mittels Ergänzungsauftrag geklärt, etwa fehlende Belege beim Abzug von Werbungskosten.

Kritiker wie Experten halten jedenfalls eine Präzisierung der Bedenken für notwendig. Nach Auffassung der Regierung würden nur „ernsthafte“ Bedenken zu einem Ermittlungsverfahren führen: Von Betroffenen wird zuerst Auskunft verlangt; ist dies ohne Erfolg, wird Auskunft von der Bank verlangt. Um Kontoöffnungen später nachvollziehen zu können, muss dies dokumentiert werden. Im Nachhinein ist eine Kontrolle durch einen eigenen Beauftragten vorgesehen.

Unabhängig davon wird im Zuge des Steuerreformpakets die gesetzliche Basis zur Einrichtung eines zentralen Kontenregisters geschaffen. An dieses müssen Banken Daten etwa mit dem Namen melden, nicht jedoch über den Kontostand. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2015)

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